INTENSIV-TEST: VW T-ROC CABRIOLET R-LINE 1,5 TSI DSG
Erster Stock mit Terrasse
Warum ist dieses Auto auf 2021 zugeschnitten?
Weil wir zumindest im Laufe des Jahres die neue alte Freiheit zurückbekommen, und für die steht ja auch dieses Auto. Ungezwungenes Flanieren an der Sonne ist automobil gesehen zwar schon vor Corona aus der Mode gekommen (der Cabrio-Schwund ist evident), aber nach der großen Pause könnte ja wieder mehr Lust an hedonistischen Genüssen aufkommen – zumal es am Cabrio-Sektor einen neuen Star gibt: Mit dem T-Roc hat VW ein absolutes Lieblingsauto der Österreicher aufgeschnitten.
Warum macht VW ein SUV zum Cabrio?
Dass man auch Cabrios in das SUV-Segment umleitet, um sie wieder beliebter zu machen, hat eine Logik, der Land Rover mit dem Evoque Cabrio zwischen 2016 und 2019 im Premiumbereich gefolgt ist. Seit dem Evoque-Modellwechsel ruht das Cabrio-Thema dort wieder, als verhältnismäßig kleiner Hersteller gehen die Engländer finanztechnisch lieber auf Nummer Sicher. VW aber wagt den Schnitt, und hat mit dem T-Roc nicht nur einen absoluten Bestseller am Cabrio-Start, sondern auch das derzeit einzige SUV-Cabrio überhaupt.
Offene Autos haben bei VW ja auch eine lange Tradition…
Die Wolfsburger haben über die Jahrzehnte wirklich sehr viele Autofahrer zum Offenfahren gebracht. Bereits 1949 wurden die ersten Käfer Cabriolet von Karmann gebaut, bis 1980 entstanden über 330.000 Stück. Von 1979 bis 2016 fanden vier Generationen des Golf Cabriolet über 770.000 Käufer. Mit dem Eos war VW von 2006 bis 2015 beim Stahldach-Cabrio-Trend dabei und surfte mit dem Beetle Cabrio von 2003 bis 2019 auch auf der Retrowelle.
Sieht das Auto gut aus? Und ist es so praktisch in der Stadt, wie es das Golf Cabrio immer war?
Das T-Roc Cabriolet hat mit 4,27 Metern Länge und 1,81 Metern Breite absolut vernünftige Abmessungen für Ballungsräume. Sie entsprechen ziemlich genau dem aktuellen Golf. Klarerweise ist die Sicht nach hinten bei geschlossenem Dach ziemlich eingeschränkt, die Rückfahrkamera des „Park Assist“ entspannt aber die meisten Situationen, zum Beispiel in engen Parkhäusern.
Optisch hat das fehlende feste Dach einen interessanten Effekt auf die Proportionen, es lässt den verbliebenen Rest der Karosserie noch bulliger wirken als mit Stahlhaube. Dass das T-Roc Cabriolet für ein eher kleines Auto einen ziemlich großen Auftritt hat, liegt aber auch an den gut gesetzten Akzenten: Der Kühlergrill ist groß und wirkt durch die integrierten Scheinwerfer sehr breit. Seitlich sorgen markante Radkästen für Präsenz, während streng horizontale Linien die Karosserie langziehen. Am Heck fühlt man sich vielleicht noch am meisten an frühere Golf Cabrios erinnert, durch die Höhe und das bullige Design kommt aber ebenfalls der SUV-Stil durch. In der getesteten R Line geht auch vom Licht ein Showeffekt aus, dann leuchten die schmalen Hauptscheinwerfer mit nobler LED-Technologie, während Blinker und Tagfahrlicht in zwei markante Licht-Pfeile im Stoßfänger ausgelagert sind.
Die in ästhetisch dunklen Zeiten der Blechdach-Cabrios liegen noch nicht lange zurück, aber das klassische Stoffverdeck hat sich wieder zurück-durchgesetzt, was haptisch und optisch ein Segen ist. Die Konstruktion der Softtops ist heute auf einem deutlich höheren Standard als früher. Obwohl Gestänge, Innenhimmel, Polstermatte und Außenbezug zusammen mit dem elektrischen Schließmechanismus nur 53 Kilo wiegen, wirkt die Dachkonstruktion absolut massiv.
Offen ist das Verdeck in nur neun (!) Sekunden, das Schließen dauert nur zwei Sekunden länger. Zudem muss der Fahrer nicht innehalten, während sich das stoffbezogene Gestänge Z-förmig zu einem kompakten Paket faltet und hinter den Sitzen verschwindet – bis Tempo 30 geht das auch während der Fahrt, was zugleich ein netter Showeffekt ist. Dieser schnelle, unkomplizierte Dachmechanismus ist in der Stadt entscheidend, weil man dadurch selbst auf echten Kurzstrecken das Dach noch öffnet – und fürs Offenhalten ist ein Cabrio ja gedacht und gemacht. Sein Cabrio unbeschwert und stolz mit offenem Dach zu parken, bleibt aber natürlich immer noch die schönste Art, es stehenzulassen.
Wie ist der Innenraum gestaltet?
Klassischer VW-Stil ohne Experimente. Schaut alles aufgeräumt und durch die exakte Verarbeitung auch hochwertig aus, bei den Kunststoffen hätte VW aber stellenweise weicheres Material nehmen können, muss man sagen. Gegen Aufpreis blickt man auf ein vollständig digitales Cockpit, durch das viele Informationen direkt in das Blickfeld geholt werden können – und im Gegensatz zu so manchem Konkurrenten wird auch wirklich die volle Navi-Karte eingeblendet. Der Bildschirm in der Mitte hat eine Diagonale von 20,3 Zentimeter, Apps wie MirrorLink, Apple CarPlay und Android Auto spiegeln das Smartphone. VW bietet zahlreiche Internet-Dienste an, zum Beispiel wird die Routenberechnung der Navigation durch Echtzeit-Verkehrsinformationen optimiert und die Karte selbst durch ständige Updates aktualisiert. Enthalten im Paket „We Connect Plus“ sind auch Webradio und weitere Medien-Streamings. Für den Sound, im Cabrio ja besonders wichtig, sorgt auf Wunsch die bekannte US-Marke Beats, durch Zwölfkanal-Verstärker und Subwoofer wird mit bis zu 400 Watt Leistung aufgespielt, was dann auch wirklich gut klingt. Beim Testwagen wurde noch das Lederpaket „Vienna" (wir können auch als Wiener nicht sagen warum es so heißt) angekreuzt, es enthält schwarze Ledersitze mit auffälligen weißen Nähten im Rautenmuster.
Wie viel Platz hat man beim Einkaufen und Reisen?
Für die Passagiere gibt es vier Sitzplätze an der Sonne, und in Reihe eins sind sie sehr großzügig. Das T-Roc Cabriolet fühlt sich hier luftiger als die Kompaktklasse an. Hinten ist es durch die aufrechten Lehnen aber nicht übermäßig gemütlich.
Der Kofferraum ist wie bei allen Cabrios natürlich nieder und zerklüftet. Durch die relativ große Kofferraumöffnung können aber mittelgroße Gegenstände eingeladen werden, die Bierkisten zum Beispiel gehen sich aus, keine Sorge. Zudem dezimiert auch das offene Dach den Kofferraum nicht – das läuft bei vielen Cabros anders. Wer verreist, wird zudem feststellen, dass 280 Liter Kofferraumvolumen gar nicht wenig sind, auch wenn das Beladen natürlich nicht so praktisch ist wie bei einem normalen Kofferraum. Unnachgiebige Hartschalenkoffer sollten also gegen schicke deformierbare Sporttaschen getauscht werden. Wenn man wirklich viel mitnehmen will, kann man aber auch die Rücksitze auch im Verhältnis 50:50 umklappen, was eine fast ebene Ladefläche ergibt – und den Platz für große Reisekoffer freimacht, die man freilich meistens bei offenem Verdeck in das Auto heben muss.
Mit 150 PS, Automatik, 19-Zoll-Rädern und adaptiver Fahrwerksregelung DCC war der Testwagen maximal hochgerüstet. Das Leben auf großem 19-Zoll-Fuß sieht definitiv schick aus, kostet aber auch, weil es die per Dämpferverstellung gespreizte Fahrwerksauslegung notwendiger macht. Wer auf 18 oder 17 Zoll runtergeht, kann sich das Upgrade eher sparen.
Ein Sportler in dem Sinn ist das T-Roc Cabriolet ja auch mit großen Rädern und Sport-Modus nicht, das wäre sowieso Themenverfehlung. Für das entspannte Flanieren an der Sonne passt jedenfalls alles: Man spürt den Fahrtwind recht stark, kann ihn per Windschott aber auch drosseln. Der Motor ist leise, die Automatik kompetent und unauffällig, das Fahrwerk in der Regel komfortabel.
Nur bei groben Unebenheiten spürt man schon, dass die Karosserie nicht die steifste ist. Bei Vollgas wiederum strengt sich der Motor hörbarer an, es geht dann allerdings auch durchaus flott voran. Der Verbrauch ist im Cabrio schon höher, aber nicht viel, er hat sich im Test im Bereich von bei 7,5 Litern bewegt. Etwas lauter ist es im Innenraum natürlich auch bei Autobahntempo.
Hoch ist der Standard bei den Sicherheitsassistenten: Zum Beispiel warnt das Fahrzeug beim Rückwärts-Ausparken vor querenden Fahrzeugen, man kommt endlich ohne brenzlige Situationen aus Querparkplätzen. Die automatische Distanzregelung ACC regelt den Abstand zum Vordermann durch selbstständiges Bremsen und Beschleunigen automatisch vom Anfahren bis zur Höchstgeschwindigkeit – das entlastet im Stau ebenso wie auf längeren Reisen.
Schauen wir in die Preis- und Ausstattungslisten. Wie schaut es finanziell aus?
Weil nach den neuen CO2-Regeln jedes Extra extra homologiert werden muss, kürzen die Hersteller gerade ihre Ausstattungslisten ein (Angst vor Einheitsautos ist aber noch unbegründet). Auch im T-Roc wird es übersichtlich: „Style“ ist die Basis, „R-Line“ die sportlich-hochwertige Alternative. Der R-Line-Testwagen stellt also die Topversion der Baureihe dar und kostet als 1,5 TSI mit DSG ab 41.690 Euro – nicht wenig, weil ja auch noch Extras wie größere Felgen und Leder untergebracht werden können. Es kann also, wie beim Testwagen, bis rund 50.000 Euro raufgehen. Günstiger als es das Evoque Cabrio war, ist der sehr ähnliche T-Roc aber auf jeden Fall. Und für Genügsame geht es ja mit der 110-PS-Variante bei rund 31.000 Euro los.
Das Test-Fazit?
VW ist zurück im Cabrio-Geschäft und hat für die Sonnenanbeter ein absolutes Lieblingsauto der Österreicher aufgeschnitten. Dem SUV-Trend entsprechend ist der T-Toc ein idealer Nachfolger für das Golf Cabrio – nicht ganz günstig, aber mit besonderem Auftritt, erhöhten Terrassenplätzen und durchaus vernünftiger Alltagstauglichkeit. Ein schicker Flaneur für entspannte Genießer.