loading...

GERALD ENZINGER ÜBER NEWEY & ASTON MARTIN

GERALD ENZINGER ÜBER NEWEY & ASTON MARTIN

Aston Martin: Mit Newey, Honda – und mit Verstappen?

Superhirn Adrian Newey, der erfolgreichste Mensch der Formel-1-Geschichte, wird nach seinem Abgang bei Red Bull zu Aston Martin wechseln – das wird spätestens am Dienstag offiziell. Dort trifft er ab 2026 wieder auf seine Erfolgs-Motorenbauer von Honda – und wahrscheinlich auch auf Max Verstappen. Warum Red Bulls magisches Dreieck künftig auf das schnellste grüne Auto der Welt setzen wird.
Christian Horner hat das Gesicht der Formel 1 in Rekordzeit verändert: Er hat Adrian Newey gehen lassen mit den legendären Abschiedsworten "Jeder ist ersetzbar".
Ein schwerer Irrtum, ein weiterer: Seit Newey nicht mehr in der Red-Bull-Box ist, befindet sich das überragende Team der vergangenen Jahre im Sturzflug – ohne die Übersicht des Superhirns scheint niemand mehr in der Lage, das Auto so hinzubekommen, dass Verstappen damit noch siegen kann. Auch nicht der Mann, der nach Horners Denkweise Newey nahtlos und preiswert ersetzen hätte sollen: Pierre Wache.
Der zutiefst angefressene Max meinte in Monza gar: "Es ist nicht damit zu rechnen, dass wir 2024 Weltmeister werden – nicht im Team, und nicht bei den Fahrern."
Ein Fiasko in Blau, Folge der maßlosen Selbstüberschätzung Horners, der sich für wichtiger nimmt als den besten Fahrer Verstappen, den besten Designer Newey und den besten Langzeit-Strategen Helmut Marko zusammen.

Aber hier geht es nur in der Vergangenheitsform um Red Bull, mehr aber um die Menschen und Motoren, die maßgeblich am unvergleichlichen Welterfolg des Privatteams Red Bull Racing in der Formel 1 beteiligt waren: um Adrian Newey, um Honda – und sogar um Max Verstappen!

Denn Verstappen, der von der Situation bei Red Bull Racing mittlerweile schon sehr offensichtlich angewidert ist und den nur mehr absurden Kleinkrieg zwischen dem Teamchef und seinem Vater Jos aus erster Reihe miterleben muss, sieht nun auch die sportlichen Gründe, seinen Vertrag bei Red Bull bis 2028 zu erfüllen, in einem Leistungs-Loch versinken.
Von der Überlegenheit des Frühlings blieb seit Neweys Abgang nichts über, zahlreiche Mitarbeiter sind dabei das Team zu verlassen.
Doch Max bleiben bei all seiner fahrerischen Genialität nicht viele Alternativen, seit er sich gemeinsam mit seinem Mentor Helmut Marko überreden hat lassen, 2025 noch bei Red Bull zu bleiben.

Denn Ferrari und McLaren sind "zu", sportlich bliebe ihm also nur Mercedes als Option. Toto Wolff würde ihn nur zu gerne aufnehmen. Doch, was wenn Kimi Antonelli 2025 so einschlägt, dass Mercedes eher auf die zukunftsträchtige (und viel preiswertere) Lösung Antonelli/Russell setzt? Oder das Verstappen einfach gar keine Lust hat, sich mit Antonelli herumzuplagen?

Hier kommt Aston Martin, das Absteiger-Team des Jahres, ins Spiel. Geld gibt es dort ohne Limit – mit dem kanadischen Milliardär Lawrence Stroll und seinen Investoren, die de facto mit dem Geld des Staates Saudi Arabien, agieren. Fahrer und Designer werden abseits des Budgetdeckels verrechnet – der Bankomat, der das Gehalt von Newey und (vielleicht) Verstappen, rauslässt, kennt keine Track-Limits.

Doch mindestens ebenso wichtig wie das Geld ist für Max wohl das Umfeld – und hier würde er nicht nur auf Newey treffen, sondern auch auf Honda – die Japaner liefern ab 2026 die Antriebe für Aston Martin.
Und Max ist mit Honda eng verbunden und umgekehrt – unvergessen, wie er nach seinem ersten Honda-Sieg in Spielberg 2018 am Podium auf das Honda-Logo zeigte. Eine Szene, die ihn auf ewig in die Herzen der Japaner brachte – nach all den Demütigungen von McLaren, Alonso ("GP2-Motor") und Co. war es ein unfassbar wichtiger Sieg für Honda.
Prompt folgten, etwas zeitversetzt und auch dank der engen Zusammenarbeit mit Red Bull, serienweise weitere Titel. Jetzt wechselt man ab 2026 zu Aston Martin. Und Max kommt vielleicht mit.

Nicht zuletzt da auf Verstappen und Honda Adrian Newey wartet.
Viele dachten, der Serienweltmeistermacher von Williams, McLaren und Red Bull würde nun zu Ferrari gehen – aber die Chemie bei den Verhandlungen hat nicht gestimmt.
Erst wollte Adrian so viele Leute mitnehmen, dass enormen Unruhe im bestehenden Team garantiert war. Dann waren seine finanziellen Forderungen sehr hoch und vor allem wurde immer klarer, dass Adrian – gemanagt von Eddie Jordan – eigentlich gar nicht nach Italien ziehen wollte. Im ersten Moment bot ihm Ferrari-Teamchef Fred Vasseur sogar an, trotz seiner Millionen-Gage meist im Home-Office arbeiten zu können – etwas das bei einem vergleichbaren Fall mit John Barnard (dem Erbauer des Lauda-McLarens) furchtbar schief gegangen war.

In Summe war all das aber zu viel, auch zu viel für den Stolz der Italiener, die es verständlicherweise nicht so grande fanden, dass der umgarnte Meister gar nicht so richtig Lust auf Ferrari haben zu schien.

Eine Situation, die Milliardär Lawrence Stroll, konsequent ausnutzte, Seine Fabrik steht in Silverstone, unweit von Neweys bisherigen Arbeitsplatz. Newey, in einigen Charaktereigenschaften seinem Namensvetter Monk nicht unähnlich, muss sich an keine komplett neue Umgebung im Alltag gewöhnen.
Und die 100 Millionen Pfund Gage für drei Jahre, sind auch ein Argument. Wie auch die große Geschichte von Aston Martin.
Adrian liebt Sportwagen, die Perspektive vielleicht auch eines Tages einen (weiteren) Luxuswagen für die Straße zu bauen, ist mehr als interessant für ihn. Und er darf viele seiner Mitarbeiter mitnehmen, zudem hat Aston Martin schon seit Jahren Top-Leute eingekauft – vor allem von Red Bull, aber etwa auch Andy Cowell, den einstigen Motorenchef von Mercedes.

Interessant wird freilich auch die Fahrerfrage, wenn Verstappen wirklich kommt. Alonso hätte 2026 noch Vertrag, obwohl er dann mit 45 schon bald den 50er in Sichtweite hat. Sportlich war er 2023 absolut unersetzbar für Aston Martin. Heuer ist Lance Stroll näher dran, aber immer noch weit weg. Doch der ist der Sohn des Mannes, der all das bezahlt. Und Alonso ist der Mann, der Honda mehr Imageschaden zugefügt hat als je ein anderer Rennfahrer davor.
Es wäre typisch für die legendär schlecht geplante Karriere des superschnellen Spaniers, dass er Newey zu einem Zeitpunkt seiner Laufbahn als Designer bekommt, wenn er vielleicht gerade um einen Ticken zu alt ist, oder dass Neweys Arbeit erst zeitversetzt greift, oder er sich hinter Verstappen anstellen müsste.

In den Statements am Wochenende in Monza wirkte Alonso jedenfalls etwas reserviert, als Journalisten vom Dreamteam Newey - Alonso träumten.

Aber all das sind dann im wahrsten Sinn des Wortes Luxus-Probleme im potenziellen neuen Dream-Team der Formel 1, das so sehr an das letzte Dream-Team erinnern könnte: mit Newey, mit Honda – und im perfekten Fall mit Max Verstappen. Der schon im Vorjahr mit dem von Newey gezeichneten Aston Martin Valkyre durch Monaco gecruist ist. Und der sich wohl in einigen Monaten zwischen Red Bull, Mercedes und Aston entscheiden muss. Mit einem möglicherweise überraschenden Ausgang zugunsten des Teams, das unter diesem Namen noch nie ein Rennen gewonnen hat.
Von links nach rechts: Yasser Mufti, Aramco Executive Vice President of Products & Customers; Lawrence Stroll, Executive Chairman, Aston Martin Aramco Formula One® Team; Koji Watanabe, President, Honda Racing Corporation and Jamal Muashsher, CEO, Valvoline Global.Von links nach rechts: Yasser Mufti, Aramco Executive Vice President of Products & Customers; Lawrence Stroll, Executive Chairman, Aston Martin Aramco Formula One® Team; Koji Watanabe, President, Honda Racing Corporation and Jamal Muashsher, CEO, Valvoline Global.
Fernando Alonso bekam diese Woche den Aston Martin Valkyre. Fun-Fact: Das Design stammt von Adrian Newey – aus dem Jahr 2021, als Aston noch mit Red Bull kooperierte.Fernando Alonso bekam diese Woche den Aston Martin Valkyre. Fun-Fact: Das Design stammt von Adrian Newey – aus dem Jahr 2021, als Aston noch mit Red Bull kooperierte.
Lance Stroll und Alonso fahren 2024 meist hinterher. Man kann gespannt sein, ob Lance im Superteam 2026 auch noch Platz hat und ob dafür im Extremfall sogar Alonso geopfert werden würde. Wobei: Ob Stroll junior neben Verstappen gut aussehen würde, das darf bezweifelt werden.Lance Stroll und Alonso fahren 2024 meist hinterher. Man kann gespannt sein, ob Lance im Superteam 2026 auch noch Platz hat und ob dafür im Extremfall sogar Alonso geopfert werden würde. Wobei: Ob Stroll junior neben Verstappen gut aussehen würde, das darf bezweifelt werden.
Im Vorjahr war Aston Martin lange der einzige Herausforderer von Red Bull. Heuer sind die Grünen abgestürzt – nun matchen sie sich höchstens mit Red Bulls B-Team.Im Vorjahr war Aston Martin lange der einzige Herausforderer von Red Bull. Heuer sind die Grünen abgestürzt – nun matchen sie sich höchstens mit Red Bulls B-Team.
In der Schlußszene von In der Schlußszene von "Rocky" ruft ein gezeichneter Sylvester Stallone verzweifelt nach seinem Betreuer "Adrian". Längst kursieren Memes, die diese Szene mit jener vergleichen, die sich beim Saisonfinale in Abu Dhabi abspielen könnte – mit Christian Horner als "Rocky", der verzweifelt nach seinem Adrian ruft.
Seit dem bizarren Drama, das Christian Horner und seine Sekretärin in der Hauptrolle und Horners Frau in der Nebenrolle hatte, ist Newey, sichtlich, die Lust auf die Zusammenarbeit mit seinem Langzeit-Buddy Horner vergangen.Seit dem bizarren Drama, das Christian Horner und seine Sekretärin in der Hauptrolle und Horners Frau in der Nebenrolle hatte, ist Newey, sichtlich, die Lust auf die Zusammenarbeit mit seinem Langzeit-Buddy Horner vergangen.
Fast zwei Jahrzehnte lang Adrian Newey, mit dem Rückhalt von Dietrich Mateschitz, das Team von Red Bull Racing geprägt und zum Weltmeister der Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2021, 2022 und 2023 gemacht.Fast zwei Jahrzehnte lang Adrian Newey, mit dem Rückhalt von Dietrich Mateschitz, das Team von Red Bull Racing geprägt und zum Weltmeister der Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2021, 2022 und 2023 gemacht.
In Miami war Newey zum letzten Mal am Red-Bull-Kommandostand... kurz danach begann der dramatische Performance-Abfall.In Miami war Newey zum letzten Mal am Red-Bull-Kommandostand... kurz danach begann der dramatische Performance-Abfall.
Adrian Newey mit seiner Frau Amanda. Er hört sehr auf ihren Rat – und entschied sich für einen neuen Job in England, statt nach Italien zu ziehen.Adrian Newey mit seiner Frau Amanda. Er hört sehr auf ihren Rat – und entschied sich für einen neuen Job in England, statt nach Italien zu ziehen.
Den Sommer verbrachte Adrian Newey in erster Linie als Privattier. Vermutlich am 10. September wird sein Wechsel zu Aston Martin bekannt.Den Sommer verbrachte Adrian Newey in erster Linie als Privattier. Vermutlich am 10. September wird sein Wechsel zu Aston Martin bekannt.
ZURÜCK ZUR ÜBERSICHT