MENSCHEN IN BEWEGUNG
Jochen Mass, Renn-Legende
Egal wohin – Hauptsache es ist kein Elektroauto.
Das prägendste Auto Ihrer Kindheit?
Das prägendste Auto meiner Kindheit war der Volkswagen meiner Mutter, nach dem Tod meines Vaters. Er hatte noch einen Opel Olympia gekauft, einen neuen, den mit dem runden Kofferdeckel und ähnlichen Spielereien. Ich erinnere mich, dass meine Mutter einmal am Weg nach Rimini in der Schweiz oder schon in Italien in eine Wiese abgekommen ist und in wir einem Apfelhain stehen blieben. Das hat sie ziemlich verschreckt. Ich habe sie überredet, dass ab nun ich fahre – und so habe ich als damals vielleicht 15-jähriger den Rest der Reise am Steuer gesessen. Dabei kam ich sogar in eine Polizei-Kontrolle, aber die Beamten haben unsere Geschichte, dass ich jetzt fahren muss, weil die Mutter noch zu geschockt ist, tatsächlich akzeptiert. Übrigens: Absurderweise waren die ersten, die uns nach dem kleinen Unfall angeblich helfen wollten, zwei Typen in langen Mänteln, die sich als Schmuggler herausstellten und als erstes einmal Uhren verkaufen wollten. Ich höre heute noch die Antwort meiner Mutter: "Nein, ich kaufe heute nichts – ich habe mich eben von der Straße gedreht!"
Die prägendste Strecke Ihrer Jugend?
Der Katschberg in Österreich, ebenfalls am Weg von Deutschland nach Italien. Ich erinnere mich, dass meine Mutter hier immer extrem ängstlich im ersten und zweiten Gang gefahren ist. Diese Strecken bereiteten ihr Bauchweh, sie waren zum Teil unbefestigt. Aber das Erlebnis als solches war sehr schön, ebenso die Naturkulisse.
Ihr erstes Traumauto?
Ein Jaguar E-Type. Im Traum sah ich mich immer mit einem solchen Auto zu einem wunderschönen Haus oder einem Schloss fahren – durch eine Allee. Es ist ein Auto, dass einfach großartig gezeichnet ist.
Was möchten Sie jetzt fahren?
Ich meine, wenn ich viele Landstreckenfahrten machen muss, dann gibt es eigentlich kein schöneres Auto als eine S-Klasse, mit einem Diesel. Warum? Weil die kaum Sprit braucht. Die fährst du mit sechs, sieben, acht Liter. Die Dinger gehen wie verrückt. Die sind bequem und haben die beste Lenkung von allen Fahrzeugen, die ich kenne. Es sind einfach traumhaft schöne Autos und du hast nie Stress in diesen Hütten. Du sitzt da drin in deinem Haus, in deinem Wohnzimmer und fühlst dich einfach nur wohl.
Ihre Qualitäten als Beifahrer?
Ganz, ganz schlecht. Mir fehlt jeglicher Enthusiasmus mich da nebenan hinzuhocken.
Was nervt am Steuer?
Zögerliches Fahren oder zu unvorhersebare Bewegen zum einen – aber auch ein sinnlos zu schnelles Fahren. Zweiteres sage ich als Rennfahrer. Gerade in Deutschland gilt oft: das was gefahren werden darf, muss auch gefahren werden. Mit diesem ungeschriebenen Gesetz komme ich nicht klar. Ich sage, ich muss verkehrsangepasst fahren. Bei vielen anderen denke ich mir oft: Wo wollen die denn hin, verdammt nochmal? Die rasen da wie die Wahnsinnigen an dir vorbei – und stehen da vorne dann erst wieder. Was soll das denn? Ist das die Freude des schnellen Fahrens? Ich habe mit dem damaligen Verkehrsminister Wissman damals vor Jahren schon darüber geredet. Und habe gesagt, warum brauchen wir Autos auf der Straße mit 500, 600 PS als Familienautos? Das brauchen wir nicht. In Österreich kann man ja auch nicht so rasen wie in Deutschland. Es ist doch wirklich unnötig. Ich brauche ein Auto, das wenig Sprit braucht, das schön fährt, das leise läuft, das sauber läuft und so weiter. Und das sind Sachen, die haben wir doch alle. Wir haben die schönsten Dieselfahrzeuge – von BMW über Mercedes zu Audi und so weiter. Und an denen können wir noch weiter feilen. Darum geht es. Ich tanke hier in Frankreich Methanol. Problemfrei. Ältere Autos und ihre Leistungen zu verbessern – so etwas bringt was. Nicht die ganzen verdammten Elektroautos, die keiner braucht.
Auf welche Erfindung hoffen Sie?
Ich hoffe erstmal auf die Einsicht, auf die politische Einsicht, dass man eben in die richtige Richtung denkt – das was ich gerade eben beschrieben habe mit so vielen Worten. Und so auf diese Art und Weise weiterzudenken. Wir haben die besten Ingenieure der Welt in unseren Industrien. Und es ist doch auch bei euch so, schau´ mal was alles aus Österreich kam an Erfindungen, und aus Deutschland. Das ist doch fantastisch. Und dann stellen wir uns ein Bein und bauen riesige Hallen für Batterieautos, das ist doch peinlich, wirklich. Und man wird beschimpft, wenn man das Wort Technologieoffenheit sagt oder so, weil das gleich ein Schimpfwort ist. Es braucht eine Art Gegen-Umdenken.
Ihr liebster Soundtrack im Auto?
Am liebsten klassische Musik. Hörbücher nur dann, wenn eine extrem gute Stimme vom Format von Charlton Heston dabei ist. Bücher lese ich viel und gerne, aber eher in klassischer Buchform.
Ihre Lieblings-Auto-Farbe?
Viele neue Fahrzeuge haben so wunderbare Farben und das ist nicht Metallic, meistens. Ich will die Farbe, egal welche, ohne Metallic.
Worauf schauen Sie als erstes beim Autokauf?
Ein Auto muss eine gewisse laszive Sinnlichkeit ausstrahlen. Da denke ich an Alfas, aber auch andere Marken wie Mercedes haben solche Autos.
Ihr Traum-Beifahrer für eine lange Autofahrt?
Meine Frau.
Das schönste Auto aller Zeiten?
Jede Epoche bringt andere Schönheiten heraus. Es ist wie beim Essen, bei Büchern und anderen schönen Dingen: Man muss sich nicht immer auf nur ein einziges Schönstes einengen.
Ihr Lieblings-Rennfahrer?
Jochen Rindt, den hab ich sogar einmal kurz kennengelernt habe, Jackie Stewart, mit Niki Lauda habe ich mich immer gut verstanden, sehr intelligent. Mit Jackie Ickx hatte ich bei Porsche ein gutes Auskommen. Phil Hill war ein guter Typ, am meisten imponiert hat mir aber wahrscheinlich aber Peter Revson.
Ihr persönlicher Fuhrpark?
Ich habe selber kaum Autos. Im Moment steht nur der A5 meiner Frau vor der Tür, der ist Baujahr 1988.
Jochen Mass gewann als einziger Deutscher zwischen 1961 (von Trips) und 1992 (Michael Schumacher) ein Rennen der Formel 1. Er gewann in Le Mans, gilt als einer der besten Sportwagen-und Tourenwagen-Piloten aller Zeiten. Bei Porsche war er Teamkollege von Stefan Bellof und Weltmeister, bei Mercedes war er der Mentor von Michael Schumacher und bei Ford wurde er im Capri zu einer Ikone. Bis heute ist er beliebter Gast bei Classic-Events.
Das Interview mit einem anderen großen deutschen Rennfahrer dieser Ära, Hans-Joachim Stuck, lesen Sie hier.