Erster Test: Toyota Corolla Cross

Warum legt Toyota im SUV-Segment noch einmal nach?
Bei den kompakten SUVs war der größte Autohersteller der Welt unterbesetzt. Der in die Mittelklasse aufgestiegene RAV4 (4,60 Meter) hat eine Lücke hinterlassen, die das sportiv geformte SUV-Coupé C-HR (4,38 Meter) nur zum Teil füllen kann. Der Corolla Cross schiebt sich nun mit 4,46 Metern Außenlänge und raumorientiertem Konzept zwischen die Kollegen. Wie der erfolgreiche Yaris Cross soll auch dieser Neuzugang von einem gut eingeführten Familiennamen profitieren: Über 50 Millionen Corolla hat Toyota in 55 Jahren und zwölf Modellgenerationen abgesetzt, der somit meistverkaufte PKW der Welt wird heute in 15 Werken produziert und über 150 Ländern vertrieben.
 
Auf welcher Technik basiert der Corolla Cross?
Die bewährte GA-C-Plattform des Konzerns wird mit neuer Antriebstechnik kombiniert. Der Corolla Cross bekommt als erster Toyota den Vollhybridantrieb (HEV) der fünften Generation. Die ohne Steckdose auskommende Kombination von Benzin- und Elektromotor wird bei Toyota seit 25 Jahren kontinuierlich verbessert und ersetzt die normalen Otto- und Dieselmotoren inzwischen weitgehend. Zusammen mit den aufladbaren Plug-in-Varianten (PHEV) soll Toyotas Hybridanteil bis 2025 auf 80 Prozent anwachsen. Ab 2035 werden dann alle Neuwagen in Europa Null-Emissions-Fahrzeuge mit Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb sein, dem Vollhybrid belieben also noch gut zwölf Jahre – und eine ausgedehnte Pension am Gebrauchtwagenmarkt.
 
Was lässt sich über das Design sagen?
Im Vergleich zu Yaris Cross und RAV4 zeigt der Corolla Cross etwas weniger Kante, hat also mehr Onroad-Charakter. Dominante Elemente sind der große Trapezkühlergrill, die langen Bi-LED-Schweinwerfer und die markanten Radhäuser, in denen sich mindestens 18 Zoll große Räder drehen. Die Lichter würde man sich heute etwas lässiger erwarten. Der Corolla Cross ist aber generell nicht der modische Hecht im SUV-Karpfenteich, sondern ein eher konservativer Entwurf mit robustem Charakter. Das versetzt einen nicht in Ekstase, hat aber schon so manches Haltbarkeitsdatum verlängert. Man kennt das Prinzip vom europäischen Marktführer VW.

Wie ist der Innenraum gestaltet?
Praktisch. Wie außen wählt Toyota für den konservativen Zugang: Wesentliche Bereiche des Cockpits basieren auf bewährten Toyota-Konzepten (und wer könnte mehr Feedback bekommen als der größte Autohersteller der Welt?) und sind auf herkömmliche Art mit Knöpfen und Schaltern zu bedienen. Man findet sich auf Anhieb zurecht – und das Auto somit sympathisch. Gute Ergonomie und intuitive Bedienung bleiben bei allem Fortschritt zeitlose Werte.
Das Innendesign ist unspektakulär, wobei solide Materialien gut verarbeitet werden. High-Tech gibt es aber trotzdem, sogar serienmäßig: Die analogen Armaturen werden durch ein digitales 12,3-Zoll-Kombiinstrument ersetzt, die Inhalte des digitalen Cockpits lassen sich über die Lenkradtasten einfach verändern. Zweite Informationsebene ist ein großer 10,5-Zoll-Touchscreen in der Mitte. Die Smartphone-Integration über Apple Carplay und Android Auto ist serienmäßig, für das iPhone auch kabellos. Neben einer Handy-Ladeschale vorne gibt es auch zwei USB-C-Anschlüsse für die Fondpassagiere. Ab der zweiten Ausstattungsstufe arbeitet das Multimediasystem mit einem schnelleren Prozessor, auch Internet-basierte Navigation mit Echtzeit-Verkehrsinformationen und ein Sprachassistent sind dann an Bord.
 
Wie schaut es mit Sitzkomfort, Platzangebot und Nutzwert aus?
Die erhöhte Sitzposition erleichtert den Ein- und Ausstieg. Die Fondpassagiere bekommen mittelmäßige  Beinfreiheit, können die Lehnen ihrer Sitze aber in der Neigung verstellen und schauen ab der zweiten Ausstattungsvarianteserienmäßige durch ein großzügiges Panoramadach, das sich im Sommer mit einer mit elektrischen Sonnenblende abdunkeln lässt. Die Türöffnungen sind relativ groß und damit praktisch für Kindersitz-Schisteleien. Das Ladevolumen von 436 bis 1.359 Liter ist klassenüblich und voll familientauglich. Einen variablen Kofferraumboden gibt es nicht, eine Ladekante sowie eine Stufe in der erweiterten Ladefläche müssen somit überwunden werden.
 
Welche Antriebsvarianten gibt es?
Die fünfte Hybridgeneration von Toyota ist wieder etwas leichter und kompakter geworden. Leistungssteuerung, Transaxle-Getriebe, Lithium-Ionen-Akku und Batteriekühlung sind neu. Toyota berichtet von Feinschliff beim Ansprechverhalten optimierter Synchronisierung von Motordrehzahl und Gaspedalbewegung, auch die Drehzahl bei Autobahntempo wurde abgesenkt.
Bei gleichbleibender Leistung der Vierzylinder-Benziner (1,8/98 PS und 2,0/152 PS) steigert Toyota die System-Gesamtleistung ausschließlich über den stärkeren Elektroschub: Beim 1,8-Hybrid ist der Sprung von 122 auf 140 PS etwas größer als beim 2,0-Hybrid, der von 184 auf 197 PS zulegt. Die stärkere Variante gibt es optional auch mit Allradantrieb. Das AWD-i-System mit zusätzlichem Elektromotor hinten wurde vom Yaris Cross übernommen und deutlich leistungsgesteigert. Die hintere E-Maschine kommt im Corolla Cross auf bis zu 40 PS beziehungsweise 84 Newtonmeter.

Wie ist der Fahreindruck?
Die getestete 2,0-Liter-Hybridvariante (der 1,8-Hybrid startet später und stand noch nicht für Testfahrten zu Verfügung) ermöglicht sportive Fahrleistungen, wenn die volle Systemleistung abgerufen wird. Souveränes Rausbeschleunigen aus dem stehenden Verkehr funktioniert ebenso wie ambitioniertes Überholen oder dynamische Etappen auf Landstraßen. Wissen muss man aber, dass der Vollhybridantrieb mit e-CVT-Getriebe nicht auf Sportler, sondern auf Gleiter ausgelegt ist. Bei starker Beschleunigung dreht der Motor hoch und macht sich akustisch im Innenraum bemerkbar. Für Zwischensprints ist das kein Problem, darüber hinaus verlegt man sich aber sinnvollerweise auf vorrauschauende Fahrweise und maßvolle Beschleunigung (was man eigentlich ohnehin tun sollte). Wer das Hybrid-Prinzip soweit verstanden und verinnerlicht hat, ist angenehm unterwegs, und dabei keineswegs langsam. Am Bordcomputer und an der Zapfsäule offenbart sich zugleich die außergewöhnliche Effizient des Systems, der erste Test macht schon deutlich, dass auch der Corolla Cross ohne Anstrengungen rund 5,5 Liter Durchschnittsverbrauch erreichen kann. Auf der Autobahn ist der Verbrauch etwas höher, die Windgeräusche etwas stärker, gut unterwegs ist man trotzdem.
Das gilt indes für das gesamte Auto, das mit seiner ausgewogenen Abstimmung überzeugt: Das Fahrwerk ist komfortabel, aber nicht zu soft. Die Lenkung ist zielgenau, aber nicht nervös. Der Corolla Cross fährt unaufgeregt und hochsolide – was ihn zusammen mit der einfachen Bedienung und dem niedrigen Verbrauch zu einem höchst sympathischen Auto macht.
 
Wie ist der Preis einzuschätzen?
Durch die Produktion in Japan ist die Preisliste übersichtlicher als bei den in Europa gebauten Toyota-Modellen: es gibt für den Corolla Cross drei fertig konfigurierte Varianten und keine weiteren Extras. Weil anfangs nur der 2,0 Hybrid verfügbar ist und schon die Einstiegsversion viel Ausstattung hat, geht es mit stolzen 37.790 Euro für den 2,0 Hybrid Active Drive los. Das obere Ende markiert der 2,0 Hybrid mit Allradsystem AWD-i und Topausstattung Lounge für 44.990 Euro.
Weil aber alle Marken teurer werden, muss man festhalten, dass Toyota im Konkurrenzvergleich nach wie vor ein überzeugendes Preis-Leistungsverhältnis hat. Und Toyota gibt als einzige Marke zehn Jahre (!) oder 160.000 Kilometer Garantie, wenn das Service bei einem Toyota-Vertragspartner gemacht wird – wobei auch der Wiedereinstieg in die Garantie nach Unterbrechungen möglich ist. Berücksichtigen muss man auch, dass die motorbezogene Steuer bei Hybridantrieben nur auf die Verbrenner-Leistung zu zahlen ist, die elektrischen Pferde sind steuerfrei. Und Dienstwagenfahrer freuen sich durch die niedrigen CO2-Werte über 1,5 statt 2,0 Prozent Sachbezug.
Mit dem 1,8 Hybrid, der erst später verfügbar ist, könnte der Einstiegspreis dann knapp unter 35.000 Euro gedrückt werden.
 
Wann startet der Corolla Cross?
Markteinführung für die 2,0-Liter-Hybridvarianten (Systemleistung 197 PS, FWD oder AWD) ist Anfang November 2022, der 1,8-Hybrid (Systemleistung 140 PS, FWD) startet im zweiten Quartal 2022.
 
Das Fazit nach dem ersten Test?
Toyota bespielt das Kompakt-SUV-Segment unaufgeregt und routiniert: Der Corolla Cross ist konservativ gestaltet, überzeugt aber mit ordentlichem Kofferraum, wenig Verbrauch, praktischem Interieur und langer Garantie. Eine Geradlinigkeit, die ihn sympathisch macht.