TEST: KIA XCEED PLUG-IN HYBRID
Pendeln in Perfektion
Den SUV-Trend interpretiert Kia hier bewusst anders – als optische Weiterentwicklung der Kompaktklasse in Richtung Cross-Country-Coupé. Das sieht schnittig aus, ist aber auch „inhaltlich“ sehr interessant: Gerade in der Kompaktklasse dehnt sich der Premiumbegriff, er muss definitiv um Autos wie dieses erweitert werden. Der XCeed zeigt, dass er bei Mercedes, BMW und Audi ernsthaft mitspielen kann (hier geht’s zum Motorprofis-Test mit der Topversion) – aber ausstattungsbereinigt ein Hauseck günstiger ist.
Der Plug-in Hybrid ist die ökologische Variante der Baureihe – wie schaut das Konzept im Detail aus?
Kia verfolgt mit seinem Plug-in-Hybrid (kurz PHEV – Plug-in Hybrid Electric Vehicle) den vernünftigen Ansatz, eine wirklich ökologische Antriebsvariante zu schaffen. Daher wird auf neue PS-Rekorde, wie sie andere Marken mit dieser Technik aufstellen, verzichtet und auch die Batterie möglichst klein gehalten.
Das System setzt sich aus einem 1,6-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor mit 105 PS, einem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe und einem Elektromotor mit 61 PS zusammen. Unter dem Kofferraum sowie der Rückbank speichert das zweiteilige 8,9-kWh-Batteriemodul die Energie. Die Gesamtleistung kommt auf 141 PS, also einen für die Kompaktklasse ganz normalen Durchschnittswert. Der Gewichtsanstieg fällt mit 115 Kilo geringer aus als bei vielen anderen Plug-in-Hybrid-Systemen. Ein Wermutstropfen sind die 135 Liter Kofferraumvolumen, die von den Akkus weggezwickt werden.
Auf welche Einsätze ist der XCeed PHEV ausgelegt?
Elektrische Antriebe sind Fachkräfte, sehr gut unterwegs in ihrem Bereich, aber nicht auf jedem Gebiet bei den Besten. Dieser Plug-in Hybrid ist auf einen ganz alltäglichen Ablauf spezialisiert: Zuhause Batterien aufladen und dann wieder raus zur Arbeit.
Wer zuhause eine Steckdose hat und täglich überschaubare Strecken fährt, praktiziert mit dem XCeed Pendeln in Perfektion: Voll aufgeladen mit dem günstigen Nachtstrom, geht das Auto auf die morgendliche Routineroute und fährt dort rein elektrisch. Zwar sind im EV-Modus, bei dem der Benziner deaktiviert wird, nur die 61 PS der E-Maschine im Einsatz, aber gerade auf den Pendlerstrecken genügt das sehr oft, wie der Test deutlich gemacht hat. Im beschaulichen Tempo schwimmt man mit, mehr gibt der Verkehr meistens eh nicht her. Und wenn man zwischendurch einmal mehr Leistung braucht, schaltet sich der Benziner kurz dazu – der Montag-bis-Freitag-
Treibstoffverbrauch ist dann eben nicht 0,0 Liter, sondern 0,5 oder auch mal 1,5 Liter, mehr aber auch nicht.
Die offizielle elektrische Reichweite von 42 bis 48 Kilometer ist in diesem betont gemütlichen Stil durchaus zu schaffen, gute 30 Kilometer sind immer drinnen, auch wenn Heizung und Kälte im Winter Reichweite kosten.
Geladen wird mit maximal 3,3 kW, wer also zuhause eine Wallbox hat (deren Installation vom Staat mit 600 Euro gefördert wird), ist in rund zweieinhalb Stunden wieder bei 100 Prozent Akkustand. Mit der herkömmlichen 230-Volt-Steckdose dauert es entsprechend länger, über Nacht ist der XCeed aber wieder voll aufgeladen. Über das Multimediasystem lässt sich der Ladevorgang so programmieren, dass nur der günstige Nachtstrom gezapft wird.
Wie gut fährt der XCeed im Hybridmodus?
Er ist nicht der knackig-agile Sportler wie zum Beispiel in die 204-PS-Variante. Hybrid bedeutet immer auch einen eigenen Hybrid-Fahrstil, und wenn man den nicht beherzigt, kann man es gleich bleiben lassen. In der Praxis heißt das: vorrausschauend fahren, das Auto gleiten lassen, sich entspannen. Dann ist Hybrid sehr angenehm, und die Leistung immer absolut ausreichend.
Wer dagegen forsch die volle Leistung einfordert, also Sport betreiben und auf Autobahn vorne mitfahren will, wird sich wohl zwischendurch mehr Leistung wünschen oder beklagen, dass sich der Benziner zu sehr anstrengen muss.
Wie ist das Fahrwerk einzuschätzen?
Weil der XCeed trotz Cross-Country-Look näher an der Kompaktklasse bleibt, hat Vorteile bei Abrollverhalten und Fahrdynamik – durch den weniger hohen Aufbau gelingt der übliche Kompromiss hier eine Tick besser als bei den Kompakt-SUVs. Das ausgewogene Fahrverhalten mit sportivem Touch zeugt von hoher technische Reife.
Wie verhält sich der Plug-in Hybrid auf den längeren Strecken?
Zunächst einmal: Dass wir überhaupt von längeren Strecken sprechen, ist der größte Vorteil des Systems, denn reine Elektroantriebe bieten diese uneingeschränkte Unabhängigkeit ja nicht. Der Plug-in Hybrid ist dagegen normaler Urlauber und Ausflügler. Mit 37 Litern Füllmenge ist sein Benzintank nicht riesig, bei rund sieben Litern Autobahn-Benzinerbrauch sind aber gut 400 Kilometer lange Etappen kein Problem. Im Mischbetrieb mit Stadt und Landstraßen waren es 6,6 Liter Durchschnittsverbrauch für den nicht aufgeladenen XCeed.
Schauen wir uns das Auto genauer an. Was lässt sich über das Design sagen?
Gutes. Der XCeed hat einen schneidigen Auftritt, wie man ihn selten sieht, schon gar nicht wenn Segmente gekreuzt werden. Wer hier aber einmal ein paar Meter zurücktritt, um die Linienführung wirken zu lassen, wird erkennen, dass sie wirklich gelungen ist.
Im unteren Teil des Fahrzeugs setzten die Designer auf Cross-Country-Ästhetik, die weit über schnelle Schminke hinausgeht. Die Radhäuser wurden groß ausgeschnitten und mit Kunststoffleisten betont, sodass die massiven 18-Zoll-Räder ideal reinpassen. Die rustikalen Radhausverkleidungen setzen sich deutlich sichtbar in die Stoßfänger fort und wachsen zwischen den Achsen zu Seitenschwellern an.
Als Kontrast zum Cross-Country-Still im unteren Bereich hat die obere Hälfte des XCeed eine Coupé-Silhouette. Die Dachlinie verläuft relativ flach und fällt deutlich nach hinten ab, ein markanter Chromspitz in der C-Säule gibt der Fenstergraphik noch mehr Speed. Die Designer können mit der Dachreling sogar noch ein Cross-Country-Zitat einflechten, ohne an Tempo zu verlieren. Die Front betont über den schmalen, großen Kühlergrill und den noch größeren Lufteinlass darunter ihre Breite. Die Rückseite lebt vom markanten Diffusor, vom flachen Heckfenster und vom großen Dachspoiler.
Der XCeed wirkt nicht nur flott, sondern auch hochwertig. Stimmt der Eindruck?
Basis für hochwertige Optik sind Genauigkeit, Detailliebe und gute Verarbeitung. Man kennt das von den bekannten Premiummarken, und Kia zeigt, das es den Premiumbegriff verstanden hat, denn für einen Kompakten tritt der XCeed ziemlich geschliffen auf.
Eine wichtige Rolle spielt auch das Stilgefühl, denn beim XCeed bleibt der Cross-Country-Look immer auf der schicken Seite: In den Felgen werden die dicken Speichen zu einer schönen Graphik geformt. Die rustikalen Seitenschweller ziert eine hochwertige Chromleiste. Und auch der angedeutete Diffusor ist gut gemachter Chromschmuck.
Zudem nutzt Kia den bei Audi und Co. bestens bewährten Design-Joker: lässiges Licht. Edle Voll-LED-Schweinwerfer und moderne Heckleuchten sind serienmäßig, damit spielt das XCeed-Design auch bei Dunkelheit in der Oberliga.
Dass der Fahrersitz vier Zentimeter höher als im normalen Ceed ist, kann den Einstieg etwas bequemer machen, eine spürbar erhöhte Sitzposition wie bei den Kompakt-SUVs nimmt man hier aber nicht ein. Der XCeed fühlt sich mehr nach klassischer Kompaktklasse an – was auch gut ist: Nicht jeder will auf den Hochsitz, am Boden bleiben heißt auch sportlich bleiben.
Das Armaturenbrett des XCeed orientiert sich am Ceed, das bedeutet: Eher konservatives Design, keine Experimente, VW lässt grüßen. Es gibt sicher avantgardistischere Einrichtungen, aber kaum benutzerfreundlichere Konzepte: Wie logisch und angenehm sich der XCeed durchwegs bedienen lässt, ist inzwischen eine Benchmark in der Branche.
Den Innenraum trimmt Kia in Richtung Premium. Ist das Upgrade konsequent?
Der Plan ist klar: In der Kompaktklasse sind Audi, BMW und Mercedes keineswegs unschlagbar, daher will auch Kia auf die Einkaufslisten der anspruchsvolleren Käufer kommen. Der XCeed legt dafür eine oberklassige Ausstattungsliste vor. In der Topversion „Platin“ sind die Sitze achtfach elektrisch verstellbar und werden mit weichem, schwarzem Leder tapeziert. Auf den sportiv ausformten Seitenwangen sind als Kontrast helle Stoffleisten und Nähte verarbeitet. Die im Rautenmuster herausgestanzten Miniaturöffnungen in der Lederoberfläche sind keine Show, sondern kleine Ventile für die Sitzkühlung. Dass Fahrer- und Beifahrersitz nicht nur beheizt, sondern auch belüftet werden, hat in der Kompaktklasse Seltenheitswert. Das gilt aber auch für die Sitzheizung im Fond, bevor sich die Hinterbänkler beschweren.
Auch das Multimediasystem ist in dieser Form bei einem Kompakten sonst kaum zu finden. Drei Themenbereiche gehen sich auf dem breiten 10,25-Zoll-Touchscreen in quadratischen Kacheln nebeneinander aus. Beispielsweise sieht man links außen die aktuelle Navigationskarte, kann sich in der Mitte durch die Radiosender-Liste drücken und bekommt rechts außen die Wettervorhersage eingeblendet. Weil der XCeed über eine fixe SIM-Karte mit dem Internet verbunden ist, wird neben der künftigen Witterung auch die aktuelle Verkehrslage eingespielt, was der Navigation eine neue Qualität gibt. Sehr hilfreiche sind auch die über das Internet eingeholten Benzinpreise der jeweils umliegenden Tankstellen, dieses Service hat im Test tadellos funktioniert.
Die Armaturen sind bei der Platin-Ausstattung nicht mehr als analoge Uhren ausgeführt, stattdessen gibt es ein hochauflösendes 12,3-Zoll-TFT-Display, das zentrale Themenbereiche wie Telefon, Musik und Navi prominent ins Blickfeld rückt. Premium-Attitüde hat auch das Soundsystem vom amerikanischen Kopfhörer- und Lautsprecherspezialisten JBL.
Beschäftigt der XCeed begabte Assistenten?
Der adaptive Tempomat regelt den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug automatisch. Wird das Fahrzeug vorne schneller, beschleunigt der XCeed bis zur gewünschten Geschwindigkeit. Bremst der Vordermann, bremst auch der XCeed, wenn nötig bis zum Stillstand. Hoch entwickelt ist auch das Notbremssystem, das vor Gefahren warnt und als letzter Ausweg automatisch bremst. Neben anderen Autos erkennt es Fußgänger und Fahrradfahrer, zwei in der Stadt manchmal erstaunlich furchtlos agierende Gruppen.
Werfen wir einen Blick in die Preisliste…
Grundsätzlich liegt der XCeed rund 3.000 Euro über dem normalen Ceed und rund 4.000 Euro unter dem Sportage. Mit Benziner startet die schon anständig ausgestattete Variante „Silber“ bei rund 25.000 Euro, eine mit dem PHEV vergleichbare Otto-Variante mit 160 PS und Doppelkupplungsgetriebe liegt knapp unter 30.000 Euro.
Als Plug-in Hybrid kostet ein „Silber“ gut 36.000 Euro, durch die Nutzung mit hohem Elektroanteil holt der PHEV aber über die Laufzeit stark auf, auch Motorsteuer und Versicherung sind etwas günstiger, weil man nur für die 105 PS des Verbrenners zahlt.
Besonders interessant ist der XCeed als Premium-Konkurrenz für Mercedes GLA oder Kompakte von BMW und Audi, mit denen es die aus dem Vollen schöpfende Platin-Ausstattung durchaus aufnehmen kann. Preislich kommt sie mit Plug-in Hybridantrieb bei 42.790 Euro zu stehen, das geht sich bei vergleichbar ausgestatteten Süd-Teutonen nicht annähernd aus.
Wie fällt das Testfazit beim XCeed Plug-in Hybrid aus?
Kia verfolgt mit seinem Plug-in-Hybrid den vernünftigen Ansatz, eine wirklich ökologische Antriebsvariante zu schaffen, also ohne PS-Rekorde und mit kleiner Batterie. Elektrische Antriebe sind Fachkräfte und dieser ist auf einen ganz alltäglichen Ablauf spezialisiert: Zuhause Batterien aufladen und dann wieder raus zur Arbeit. Wer zuhause eine Steckdose hat und täglich überschaubare Strecken fährt, praktiziert mit dem XCeed Pendeln in Perfektion.