TEST: KIA CEED GT
Sport und Musik
Um den Sportler in der Familie. Im großen Ceed-Portfolio hat der Ceed GT den größten sportlichen Ehrgeiz – er ist als klassischer, fünftüriger Kompakter mit über 200 PS der Gegenspieler von Golf GTI und Konsorten. Mit dem Proceed GT interpretiert Kia das Thema auch noch in einer raumorientierten Variante, der sportliche Purist ist und bleibt aber der kompaktere und leichtere Ceed GT.
Wie stark ist Kia in der Kompaktklasse generell einzuschätzen?
Die früheren Kategorisierungen gelten für Kia nicht mehr. Aus dem Preiskämpfer ist seit dem letzten Modellwechsel, bei dem der Ceed einen enormen Sprung gemacht hat, endgültig ein Herausforderer für die Alteingesessenen geworden, der Golf und Co. technisch, stilistisch und finanziell weitgehend auf Augenhöhe begegnet. Um gute Angebote ist man freilich weiter bemüht, ausstattungsbereinigt bleibt die Preisliste schon interessant.
Was steckt hinter dem Aufstieg von Kia in Europa?
Das klare Bekenntnis zum europäischen Markt. Der inzwischen fünftgrößte Autohersteller der Welt (zusammen mit der Schwestermarke Hyundai) hat sein Hauptquartier in Korea, ist aber in Europa eine sehr europäische Marke geworden. Das in Deutschland angesiedelte Design- und Entwicklungscenter hat starken Einfluss auf die Produkte und die Mehrheit der in der EU verkauften Autos wird auch in Europa produziert, das gilt auch für die gesamte Ceed-Familie, die bei unseren Nachbarn in der Slowakei vom Band rollt.
Zurück zum Ceed GT. Das Design ist bei Kompaktklasse-Sportlern wie diesem besonders wichtig. Wie gut ist es Kia gelungen?
Bei sportlichen Allroundern wie Ceed GT oder Golf GTI geht es darum, sich im richtigen Maß abzuheben. Man will nicht mit den „normalen“ Modellen verwechselt werden, aber im Alltag auch nicht zu sehr auffallen. Wer mehr Aufmerksamkeit sucht, kann ja immer noch mit dem Tuner seines Vertrauens sprechen.
Gefragt ist also dezente Sportlichkeit, wie man sagt. Hier hat der neue Ceed einen Startvorteil, weil er die extreme Keilform des Vorgängers aufgegeben und nun eine klassischere Karosserie hat, gut proportionierten und akkurat gezeichneten. Gefällt uns besser.
Die Details hat Kia wirklich gut arrangiert: Ein Grill mit dezenten roten Akzenten. Größere, aber nicht zu große Lufteinlässe. Schöne Felgen mit Niederquerschnittreifen, die exakt mit den Radhäusern abschließen. Ganz unten hat Kia an der Front und den Flanken dezente roten Streifen gezogen, hinten einen gut dimensionierten Diffusor montiert.
Zudem nutzt Kia den Design-Joker des lässigen Lichts. Mit edlen Voll-LED-Schweinwerfern und modernen Heckleuchten hat der Ceed GT auch bei Dunkelheit seinen Auftritt
Schauen wir uns den Innenraum an…
Das Armaturenbrett des Ceed GT hat ein eher konservatives Design, macht keine Experimente. Es gibt sicher avantgardistischere Einrichtungen, keine Frage, aber kaum benutzerfreundlichere Konzepte: Wie logisch und angenehm sich der Ceed durchwegs bedienen lässt, ist inzwischen eine Benchmark in der Branche. Bitte gerne beibehalten.
Mit Autos wie diesem will man auf die Einkaufslisten der anspruchsvollen Käufer kommen, und der Ceed GT legt dafür eine hochklassige Ausstattungsliste vor.
Der Fahrer hält ein gut dimensioniertes Sportlenkrad in Händen, bezogen mit schwarzem Leder und verarbeitet mit roten Nähten. Der Fahrersitz könnte zwar etwas niedriger montiert sein, hat aber lange Sitzflächen, ist achtfach elektrisch verstellbar und wird mit feinem, rutschfestem Veloursleder tapeziert. Auf den sportiv ausformten Seitenwangen ist als Kontrast schwarzes Leder verarbeitet. Schöne rote Akzente gibt es zuhauf. Seltenheitswert hat in der Kompaktklasse die Sitzheizung im Fond, auch das Glasdacher zum Öffnen ist nicht selbstverständlich.
Auf dem breiten 10,25-Zoll-Touchscreen des Multimediasystems gehen sich drei Themenbereiche in quadratischen Kacheln nebeneinander aus. Beispielsweise sieht man links außen die aktuelle Navigationskarte, kann sich in der Mitte durch die Radiosender-Liste drücken und bekommt rechts außen die Wettervorhersage eingeblendet. Weil das Auto über eine fixe SIM-Karte mit dem Internet verbunden ist, wird neben der künftigen Witterung auch die aktuelle Verkehrslage eingespielt, was der Navigation eine neue Qualität gibt. Hilfreich können auch die über das Internet eingeholten Benzinpreise der jeweils umliegenden Tankstellen sein.
Die Armaturen sind nicht mehr als analoge Uhren ausgeführt, stattdessen gibt es ein hochauflösendes 12,3-Zoll-TFT-Display, das zentrale Themenbereiche wie Telefon, Musik und Navi prominent ins Blickfeld rückt. Premium-Attitüde hat auch das Soundsystem vom amerikanischen Kopfhörer- und Lautsprecherspezialisten JBL.
Im Alltag angenehm unauffällig wie es sich für einen Allrounder gehört. Natürlich ist das Fahrwerk straffer, kommen Unebenheiten stärker durch als bei einem normalen Ceed, aber insgesamt sind die Abläufe harmonisch und angenehm. Auch der Verbrauch bleibt genügsam, gute 8,5 Liter Testschnitt waren es am Ende. Nur die Akustik erinnert mit klangvollem Knurren auch im Alltag an den sportlichen Ehrgeiz, gut so.
Das Blatt wendet sich, wenn man das will, schnell. Wer in höhere Drehzahlen geht, bemerkt die aufgeweckte Art des Turbomotors, der eine direkte Art und durchaus Drehfreude hat. Da geht was weiter. Gleichzeitig setzt der Ceed GT zu einer herzhaften Klangchoreographie an, die schon mal an einen guten alten V6 erinnert, zugleich aber auf das pubertäre Ploppen verzichtet, wenn man vom Gas geht. Danke dafür. Bewegungstalent ist absolut vorhanden, mit guten Bremsen und exakter Lenkung steuert man flott in die Kurven, kommt durch den erstaunlichen Grip flott wieder raus. Fahrspaß im Stile des Golf GTI.
Auf der Autobahn könnten die Windgeräusche einen Tick niedriger sein, insgesamt reist man aber sehr gut, und durch die Fahrleistungen vor allem souverän.
Schade ist, dass im Modelljahr 2021 kein manuelles Getriebe mehr angeboten wird, die Schaltarbeit hat im Test Spaß gemacht und ergibt gerade in dieser Klasse Sinn. Bestellt wurde die Schaltbox indes nicht mehr oft, das Doppelkupplungsgetriebe ist natürlich insgesamt komfortabler.
Sind viele Assistenten im Sicherheitseinsatz? Wie verhalten Sie sich?
Angenehm auf Reisen: Der adaptive Tempomat regelt den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug auf Wunsch automatisch. Wird das Fahrzeug vorne schneller, beschleunigt der Ceed GT bis zur gewünschten Geschwindigkeit. Bremst der Vordermann, bremst auch der Ceed GT. Wenn nötig klappt das bis zum Stillstand, also auch im Stau. Das Notbremssystem erkennt neben anderen Autos auch die bisweilen oft furchtlosen Gruppen der Fußgänger und Fahrradfahrer, beruhigend. Nicht immer einverstanden sind wir mit den Lenkeingriffen des Spurhalteassistenten, aber das ist bei anderen Marken nicht anders. Man muss auch mal abschalten können.
Wie schaut es preislich aus?
Die Klasse der sportlichen Kompakten ist preislich schon elitärer, auch weil zu den 20 Prozent Mehrwertssteuer noch zehn Prozent NoVA (= C02-Steuer) dazukommen, der Staat also ein Drittel der Einnahmen für sich verbucht. Mit 41.090 Euro liegt der Ceed GT ähnlich wie der Golf GTI, hat aber die längere Ausstattungsliste.
Wie fällt das Fazit aus?
Der Ceed hat mit dem letzten Modellwechsel einen enormen Sprung gemacht und begegnet den Alteingesessenen nun auf Augenhöhe – auch GT ist eine gelungene Antwort auf GTI: Bewegungstalent ist gut vorhanden und die Klangchoreographie herzhaft. Für ein voll alltagstaugliches Auto hat der schnellste aller Ceeds einen ziemlich hohen Spaßfaktor.