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INTENSIV-TEST: ALFA ROMEO STELVIO VELOCE 2,0 (2020)

INTENSIV-TEST: ALFA ROMEO STELVIO VELOCE 2,0 (2020)

Ein Bayer im italienischen Anzug

Ein Alfa, der mit Herz und Hirn gekauft werden kann: Der Stelvio ist ein hochwertiger Allrounder, der den deutschen Premiumkollegen auf Augenhöhe begegnet und sie beim Nutzwert manchmal überragt. Als Bonus machen die italienischen Designer wieder Dinge, die andere nicht können. Der Jahrgang 2020 im Test auf dem Gelände der ÖAMTC Fahrtechnik.
Mit dem Stelvio will Alfa vor allem den deutschen Edel-SUVs in die Parade fahren. Welchen Background hat der Italiener?
Er hat ausgezeichnete Gene. Alfa hat sich vor einigen Jahren technisch neu aufgestellt und unter Einbindung renommierter internationaler Zulieferfirmen eine Premium-Plattform entwickelt, die voll auf BMW, Audi und Mercedes abzielt. Nachdem die Giulia damit super Kritiken einfuhr, wurden 2017 große Teile der hochwertigen technischen DNA in den Stelvio übertragen – dem ersten SUV der 110-jährigen Alfa-Romeo-Geschichte.
 
2020 hat sich der Stelvio noch einmal frisch gemacht. Was gibt es Neues?
Größere Eingriffe waren nicht notwendig, weil die Technik auf Höhe der Zeit und das Design stimmig ist. Alfa hat aber für den Jahrgang 2020 (MY20) den wichtigen Multimedia-Bereich neu gestaltet und zahlreiche Assistenten eingebaut, die das Fahrerlebnis bekanntlich durchaus verändern können.
 
Motorprofis.at war für diesen Test bei der ÖAMTC Fahrtechnik zu Gast – warum?
Das Gelände in Teesdorf, nur 25 Kilometer südlich von Wien, ist eine Hightech-Fahrtechnikzentrum und gilt als führende Anlage in Europa. Auf rund 30 Hektar, das entspricht 40 Fußballplätzen, hält die ÖAMTC Fahrtechnik bis zu zehn Kurse gleichzeitig ab. Das ergibt perfekte Testmöglichkeiten für uns abseits der Straße, zudem können Fahrtechnik-Experten wie Instruktor Ernest Loidl ein Auto eben noch etwas mehr fordern als andere.
Härtetest bei der ÖAMTC Fahrtechnik: Das Gelände in Teesdorf ist ein Hightech-Fahrtechnikzentrum und gilt als führende Anlage in Europa.Härtetest bei der ÖAMTC Fahrtechnik: Das Gelände in Teesdorf ist ein Hightech-Fahrtechnikzentrum und gilt als führende Anlage in Europa.
Mit dem Stelvio ans Limit: Die ÖAMTC Fahrtechnik-Experten wie Instruktor Ernest Loidl können ein Auto noch etwas mehr fordern als andere.Mit dem Stelvio ans Limit: Die ÖAMTC Fahrtechnik-Experten wie Instruktor Ernest Loidl können ein Auto noch etwas mehr fordern als andere.
Gute Gene: Alfa hat unter Einbindung renommierter internationaler Zulieferer eine Premium-Plattform entwickelt, die voll auf BMW, Audi & Mercedes abzielt.Gute Gene: Alfa hat unter Einbindung renommierter internationaler Zulieferer eine Premium-Plattform entwickelt, die voll auf BMW, Audi & Mercedes abzielt.
Bevor wir losfahren, schauen wir noch mal genau hin: Von einem Alfa wird optisch immer das Besondere verlangt. Bietet der Stelvio so etwas?
Dass sich ein SUV auch bei Alfa nur innerhalb gewisser Designgrenzen bewegen kann, vor allem wenn es familienfreundlich sein soll, ist klar. Der Stelvio trägt aber einen akkuraten italienischen Anzug, sportlich zugeschnitten wie die SUVs von Porsche (Macan) oder Jaguar (F-Pace), und die gehören ja zu den flottesten Burschen der Klasse.
Und ja, auch bei diesem Alfa tun die Designer wieder Dinge, die andere eben nicht können: Die Fünfloch-Felgen des Testwagens wird man so nur bei Alfa bekommen. Gleiches gilt für die Sportledersitze, ein Stuhl aus Mailand schaut halt anders aus als einer aus Deutschland (nicht nur im Auto, nebenbei bemerkt). Auch bei den Lederfarben Dunkelrot und Dunkelbraun oder einigen Außenlackierungen wie „Verde Visconti" und „Blu Monetcarlo" treffen die Italiener den (Farb-)Ton, wie nur sie es können. Ein weiteres Beispiel sind die großen Lenkrad-Schaltpaddles aus Aluminium, die fest hinter dem Lenkrad stehen und beim Drücken so schön „klack“ machen. Das hat Ferrari-Niveau (von dort kommt der Stelvio-Entwicklungschef übrigens auch) und ist kein Vergleich mit den am Lenkrad montierten Kunststoffteilen der Konkurrenz.
 
Auf welche Technik setzt der Stelvio und wo in der Motorenpalette ist das Testmodell einzuordnen?
Der Stelvio bringt beachtliche sportliche Anlagen mit: Ausgeglichene Gewichtsverteilung, eine Antriebswelle aus Karbon, diverse Karosserieteile aus ultraleichtem Aluminium, eine hochmoderne 8-Gang-Automatik von ZF, ein Allradsystem mit Hinterradantrieb als Standardeinstellung, ein adaptives Fahrwerk.
Der getestete Stelvio Veloce mit 280 PS starkem Zweiliter-Vierzylinder-Turbo-Benziner rangiert weit oben im Portfolio, darüber kommt lange nichts, und dann nur noch der Stelvio Quadrifoglio mit 510 PS starkem Ferrari-Motor. Die Einstiegsvarianten haben übrigens 160 PS (Diesel) und 200 PS (Benziner).
Besser als bei vielen Konkurrenten klappt die zweigleisige Multimedia-Bedienung via Touchscreen und Dreh-Drück-Knopf.Besser als bei vielen Konkurrenten klappt die zweigleisige Multimedia-Bedienung via Touchscreen und Dreh-Drück-Knopf.
Optisch und akustisch im Vorteil: Lenkrad-Schaltpaddles aus Aluminium.Optisch und akustisch im Vorteil: Lenkrad-Schaltpaddles aus Aluminium.
Ein Stuhl aus Mailand schaut halt anders aus als einer aus Deutschland.Ein Stuhl aus Mailand schaut halt anders aus als einer aus Deutschland.
Mit hoher Auflösung, logischem Layout und schneller Reaktionszeit auf Topniveau: Das neue Multimedia-System ist großartig.Mit hoher Auflösung, logischem Layout und schneller Reaktionszeit auf Topniveau: Das neue Multimedia-System ist großartig.
Schöne Schaltzentrale: Mit dem im Alltag leisen Motor, der feinen Automatik und dem komfortablen Fahrwerk ist der Stelvio auf hohem Niveau unterwegs.Schöne Schaltzentrale: Mit dem im Alltag leisen Motor, der feinen Automatik und dem komfortablen Fahrwerk ist der Stelvio auf hohem Niveau unterwegs.
Wie fährt sich der Stelvio?
Geschmeidiger als man vielleicht erwarten würde. Alfa hat den Stelvio ganz offensichtlich mit dem (vollkommen richtigen) Grundgedanken konzipiert, dass ein SUV aus der Premiumliga im beruflichen und familiären Alltag funktionieren muss. Mit dem im Alltag sehr leisen Motor, der feinen Automatik und dem im Normal-Modus ganz komfortablen Fahrwerk ist der Stelvio auf so hohem Niveau wie Audi, BMW und Mercedes unterwegs (wobei der Alfa beim Federungskomfort ausgewogener ist als viele Deutsche). Weil der Italiener auf sein Gewicht schaut und das Allradsystem auf Heckantrieb basiert, hat das Handling im Alltag stets eine flotte Note. Geschmacksache ist dabei die relativ direkte Lenkung – der eine mag es etwas ruhiger, der andere schätzt die Agilität im Lenkgefühl. Sehr niedrige Innengeräusche auf der Autobahn machen den Stelvio darüber hinaus zu einem hervorragenden Reisebegleiter.
Vom Motor würde man vielleicht etwas mehr Spektakel erwarten, aber die V6-Arien aus den 70ern kann ein Vierzylinder mit strengen Abgasvorschriften eben nicht mehr singen. Wer zwischendurch in den Sportmodus wechselt und kräftig Gas gibt, bekommt aber kernige Klänge aus dem Auspuff zu hören und wird auch über die beachtlichen Fahrleistungen – unter sechs Sekunden auf Hundert – erfreut sein.
Der Verbrauch lag im Test bei durchschnittlich 10,3 Litern, was für ein großes SUV mit Allrad und starkem Benzinmotor ein normaler bis guter Wert ist. Für Vielfahrer gibt es den Stelvio Veloce auch mit Dieselmotor, diese Variante ist nicht ganz so elegant (minus 70 PS und etwas hörbarer), aber auch rund 5.000 Euro günstiger.
Unterm Strich bleibt fahrerisch der Eindruck eines hochwertigen Allrounders, der den deutschen Premiumkollegen auf Augenhöhe begegnet.
 
Wie gut ist das neue Multimedia-System?
Es ist mit hoher Auflösung, feschem Layout und schneller Reaktionszeit auf Topniveau. Es mag inzwischen noch größere Bildschirme geben, aber durch die Breite des Screens können auch hier drei Kacheln mit verschiedenen Themenfeldern – etwa Navi, Telefon und Radio – nebeneinander angezeigt werden, was im Vergleich zu früheren Systemen ein Game Changer ist: Zum Beispiel kann man den Radiosender wechseln oder auf eine der letzten Telefon-Nummern tippen, während gleichzeitig die Navikarte sichtbar bleibt. Die Themenfelder können hin und her geschoben werden, um eine persönliche Benutzeroberfläche zu konfigurieren.
Besser als bei vielen Konkurrenten klappt neben der Einbindung von Apple Carplay und Android Auto auch die zweigleisige Bedienung via Touchscreen und Dreh-Drück-Knopf. Zudem kann man auch über die Sprachbedienung sehr leicht zwischen den Menüebenen wechseln.
Das glitschige Terrain zwischen Tradition und Moderne meistert Alfa bei den Armaturen. Eine vollkommen digitale Lösung mag für andere der neue Weg sein, aber Alfisti würden den Wegfall der klassischen, im tiefen Schacht sitzenden Skalen wohl mit Liebesentzug bestrafen. Trotzdem geht sich ein 7-Zoll-TFT-Display zwischen Tacho und Drehzahlmesser aus. Dass die eine oder andere Anzeigen dort etwas klein er ausfällt, muss man in Kauf nehmen, dafür schaut das Cockpit gut aus und man hat keinen Computer-Bildschrim vor sich.
Am Wochenende raus in die Natur: Mit Allradantrieb und Bergabfahrkontrolle macht der Stelvio auf Abwegen gute Figur.Am Wochenende raus in die Natur: Mit Allradantrieb und Bergabfahrkontrolle macht der Stelvio auf Abwegen gute Figur.
Wenn die klassischen Ablenkungen wie Familie und Beruf oft im Auto präsent sind, machen die neuen Sicherheits-Assistenten viel Sinn.Wenn die klassischen Ablenkungen wie Familie und Beruf oft im Auto präsent sind, machen die neuen Sicherheits-Assistenten viel Sinn.
Am Instrumentendisplay ist auch die Arbeit der neuen Assistenten zu beobachten. Wir stark wirkt sie sich aus und wie nützlich ist sie?
Auf die neuen Sicherheitssysteme reagiert jeder Fahrer anders. Auch Gewöhnungszeit ist erforderlich, weil sie doch spürbar Einfluss auf das Geschehen nehmen. Wenn aber Familie und Beruf (die klassischen Ablenkungen) oft im Auto präsent sind, dann machen viele der Assistenten Sinn. Das Kollisionswarnsystem – es gibt bei Gefahr ein Signal und bremst im Notfall mit, ist so ein klassischer Fall. Der Totwinkelassistent ist ebenfalls uneingeschränkt nützlich. Beim Spurhalteassistenten, er warnt den Fahrer bei Verlassen der Fahrspur und lenkt das Auto wieder zurück, ist die Sache differenzierter zu betrachten: In wachen Phasen schalten wir das System gerne mal aus. Vor allem bei hohen Kilometerleistungen kann es aber angenehm und letztlich lebensrettend sein. Zusammen mit dem Stau- und Autobahnassistenten, der sich am vorausfahrenden Fahrzeug orientiert und den Stelvio selbständig bremst und beschleunigt, kann das Spurhalten sogar höchst angenehm sein. Denn was in der Fachsprache „Autonomes Fahren Level 2“ heißt, bedeutet in der Praxis einfach viel weniger Arbeit im Stau oder im dichten Autobahnverkehr. Die Verkehrsschilderkennung, deren Daten zu Tempobeschränkungen sogar der adaptive Tempomat übernimmt, funktioniert wie bei allen Marken – oft, aber nicht immer. Fast immer richtig liegt der Fernlichtassistent, und ist damit ein weiteter Game Changer, denn das lästige Auf- und Abblenden gehört nun der Vergangenheit an. Die Bergabfahrkontrolle, sie hält in rutschigen, steilen Passagen konstant die Geschwindigkeit, wird man nicht oft brauchen – aber wenn, dann halt wirklich. Der nächste Winter kommt bestimmt.

Ein SUV ist in der Regel Familien- und Freizeitauto. Wie schlägt sich der Stelvio beim Nutzwert?
Wer hätte das gedacht? Mit 525 bis 1.600 Litern überragt der Stelvio viele Konkurrenten beim Kofferraumvolumen. BMW X3, Porsche Macan und Jaguar F-Type haben kleinere Ladeabteile. Der neue Audi Q5 und der Mercedes GLC können mithalten.
Zudem ist die Ladekante vergleichsweise niedrig und die Öffnung breit. Kein Alfa konnte jemals so eindeutig mit Herz UND Hirn gekauft werden. Der Stelvio ist ohne Einschränkungen ein praktisches Familienauto.
 
Wie lautet das Test-Fazit?
Durch feinen Fahrstil und familiären Nutzwert ein hochwertiger Allrounder, der den Kollegen von BMW, Audi und Mercedes direkt auf Augenhöhe begegnet. Als Bonus machen die italienischen Designer wieder Dinge, die andere nicht können.
Fazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Ein hochwertiger Allrounder, der den deutschen Premium-Kollegen mit seinem feinen Fahrstil und familiären Nutzwert auf Augenhöhe begegnet. Und als Bonus machen die italienischen Designer wieder Dinge, die andere nicht können.Fazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Ein hochwertiger Allrounder, der den deutschen Premium-Kollegen mit seinem feinen Fahrstil und familiären Nutzwert auf Augenhöhe begegnet. Und als Bonus machen die italienischen Designer wieder Dinge, die andere nicht können."

DATEN & FAKTEN

Alfa Romeo Stelvio Veloce 2,0 16V 280 AT8 Q4

(Oktober 2020)

Preis

67.700 Euro

Antrieb

Vierzylinder-Turbomotor, 1.995 ccm, 206 kW/280 PS bei 5.250 U/min, 400 Newtonmeter bei 2.250 U/min. 8-Stufen-Automatikgetriebe. Q4-Allradantrieb.

Abmessungen

Länge 4.686 mm, Breite 1.903 mm, Höhe 1.693 mm, Radstand 2.818 mm. Kofferraumvolumen 525 – 1.600 Liter.

Gewicht

Eigengewicht 1.735 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 2.300 kg.

Fahrwerte

Höchstgeschwindigkeit 230 km/h, 0-100 in 5,7 Sekunden, Normverbrauch nach WLTP 9,0 – 9,4 Liter.

Testverbrauch

10,3 Liter.
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