Test: MG5
Doppelte Ladung
Ja, mit dem weltweit ersten Elektro-Kombi gelingt der britisch-chinesischen Marke durchaus ein Coup. Der MG5 ist nach Marvel R, ZS (beide elektrisch) und EHS (ein Plug-in-Hybrid) die vierte Modellreihe in den 33 österreichischen MG-Schauräumen. Bis Jahresende 2022 kommt das Kompaktmodell MG4 dazu, ein Sportwagen soll spätestens 2024 zum 100-jährigen Markenjubiläum folgen.
Ein vertrauenswürdiger Newcomer?
Absolut. Die ehemals britische Marke gehört heute zum riesigen chinesischen Autokonzern SAIC, der über Joint Ventures auch für VW und GM produziert. Lokal hat MG ebenfalls einen bekannten Partner, die Denzel Gruppe ist auch österreichischer Generalimporteur von Hyundai und Mitsubishi. Am wichtigsten aber: Die Garantie ist mit sieben Jahren beziehungsweise 150.000 Kilometern weit überdurchschnittlich.
Ist das Design gefällig?
Der MG5 ist ein normaler Kompaktklasse-Kombi mit klassenüblichen Proportionen, eher dezentem Styling und solider Verarbeitung. Dass keine sportlich-niedrige Silhouette herauskommen kann, wenn man für praktisch veranlagte Autofahrer plant und im Boden die Batterien unterbringen muss, erklärt sich von selbst – mit 1,54 Metern baut der MG5 also etwas höher als Verbrenner-Kombis dieser Klasse.
Vorne macht die geschlossene Front den Elektroantrieb deutlich. Die modernen, schmalen Lichter sind über eine schwarze Leiste (die man nur beim schwarzen Testwagen kaum sieht) und einen dünnen Chromstreifen verbunden. Am Heck ist die hochwertige LED-Signatur in Y-Form der Eyecatcher.
Die Luxury-Variante ist die zweite von nur zwei Ausstattungsstufen und kommt mit einer erstaunlich schicken Einrichtung: Sitze, Türen und Armaturenbrett waren im Testwagen mit schönem, hellgrauem Textil beziehungsweise Kunstleder bezogen, optional gibt es auch eine pragmatischere schwarze Variante mit gleichem Materialmix. Optisch hat das Ganze eine Premiumanmutung, sieht sehr aufgeräumt und modern aus, da kann sich so manche europäische Marke was abschauen. Unter den Kunststoffen gibt es schon einige härtere Sorten, aber sie greifen sich mehrheitlich ordentlich bis hochwertig an. Die Verarbeitung wirkt solide.
Wie gut ist das Multimediasystem?
Der MG5 hat einen 7-Zoll-Instrumentencluster mit modernem, gut ablesbarem Layout und schlüssiger Steuerung über die Lenkradfernbedienung. Eine Bordcomputeranzeige und Infos zu den Sicherheitsassistenten lassen sich dort einblenden. Navi, Musik oder Telefon laufen aber noch nicht über den Instrumentencluster. Dafür ist der mittige 10,25-Zoll-Touchscreen zuständig: Seine Software ist sehr modern, überzeugt mit schnellen Reaktionszeiten und logischer Menüführung. Blitzschnell lässt sich zum Beispiel ein Navigationsziel eingeben. Mehrere Themenbereiche können nebeneinander angezeigt werden, das ist immer praktisch. Android Auto und Apple Carplay verbinden ohne Kabel. Verbesserungswürdig sind nur Kleinigkeiten. Einige Touch-Felder könnten größer sein, ein paar Radiosender waren im Test nicht in der Liste und mussten manuell gesucht werden, Verkehrsmeldungen wurden aus zu vielen Sendern eingespielt.
Vorne gibt es reichlich Platz, die Armauflage ist angenehm. Der Sitzkomfort ist tadellos, etwas mehr Seitenhalt könnten die Stühle noch haben. Im Fond überzeugt der MG5, wie es sich für einen Pragmatiker gehört, mit guter Bein- und Kopffreiheit. Ein wenig höher könnte die hintere Bank aber sein.
Das Kofferraumvolumen von 479 bis 1.367 Litern mag für die Klasse durchschnittlich sein, allerdings sind Kompakt-Kombis grundsätzlich Lademeister, der MG5 ist da keine Ausnahme. Wer ohne Umlegen der Rücksitzlehnen fast 500 Liter zur Verfügung hat, wird Kind und Kegel im Normallfall entspannt unterbringen. Beim Umklappen der Sitze müssen die Kopfstützen vorher abgenommen werden, die vergrößerte Ladefläche steigt relativ stark nach hinten an. Der Ladeboden kann in zwei Höhen arretiert werden, wobei jeweils eine Ladekante bleibt, auch das ist durchaus klassenüblich. Sowohl der stabile Kofferraumboden als auch die sehr hochwertige Kofferraumabdeckrollo überzeugen die Ladefreaks.
Wie fährt sich der MG5?
Die Ausrichtung ist klar komfortorientiert. Der MG5 gleitet äußerst entspannt durch den Alltag: Leichtgängige Lenkung, der Elektroantrieb ist leise bis lautlos, es gibt keine Schaltrucke. Das lässt man sich gefallen. MG hat aber auch sauber abgestimmt, die Beschleunigung ist gleichmäßig, ie Rekuperation klappt gut und stressfrei. Für ein E-Auto ist die getestete Variante mit 156 PS nicht übertrieben dynamisch, einen sportiven Touch gibt das statte Drehmoment der Beschleunigung dennoch, vor allem in niedrigeren Temporegionen. Auf Landstraßen und Autobahnen fehlt es aber auch nicht an Kraft.
Für sportliche Einlagen, das muss man klar sagen, müsste die Lenkung exakter und das Fahrwerk knackiger sein. MG präferiert dagegen eher soft abgestimmte Aufhängungen und eine kompromisslos sicherheitsorientierte Auslegung.
Testverbrauch und Reichweite?
Im Test, bei warmem Wetter, pendelte der Verbrauchsschnitt zwischen 17,5 und 18,5 kWh. In der Stadt sind 16er-Werte möglich, auf der Autobahn 22-kWh- bis 23kWh-Ergebnisse. Die angegebene Reichweite – beim Testwagen mit 61,1 kWh-Batterie werden 380 Kilometer versprochen – ist damit nahezu erreichbar: Man kann in der Stadt und auf Landstraßen mit gut 350 Kilometern kalkulieren, auf der Autobahn mit rund 250 Kilometern. Langstreckenexperte ist der MG5 damit noch keiner, aber seine Reichweite liegt absolut im Konkurrenzschnitt.
Und das Laden?
Das Versprechen, 80 Prozent der Batteriekapazität in rund 40 Minuten wieder erreicht zu haben, hält der MG5 beim DC-Gleichstrom-Schnellladen auf der Autobahn (mit bis zu 87 kW). Dreiphasiges AC-Wechselstromladen ist mit maximal 11 kW möglich, im Idealfall ist die Batterie an der Wallbox nach sechs Stunden voll. Über das Konnektivitätssystem MG ISMART kann man den Ladestand am Handy überwachen. Der Clou für Sportler oder mobile Arbeiter ist die Vehicle-to-Load-Funktion, mit der Laptops oder E-Bikes vom Fahrzeug aus geladen werden können.
Der Preis stimmt?
Mehr als das. Dass die getestete Variante mit Vollausstattung nach Abzug der 5.400-Euro-Förderung nur ganz knapp über 35.000 Euro liegt, ist eine Kampfansage. Der erste elektrische Kombi kostet damit nicht mehr als Verbrenner-Modelle.