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VW-TECHNIKER ÜBER GTE & E HYBRID

VW-TECHNIKER ÜBER GTE & E HYBRID

Angriff der Ökoraketen

VW bringt immer mehr Hybridmodelle, die Kurzstrecken rein elektrisch und Langstrecken mit Benziner fahren. Die Entwicklung der neuen Varianten leitet Kai Philipp. Im Gespräch erklärt der oberste Elektrotechniker des Konzerns, welche VW-Modelle den Plug-in-Hybrid bekommen, warum auch sehr starke Antriebe sparsam sein können, wie man die neue Technik nutzen sollte, ob sie den Diesel ersetzt und wie sich Allrad integrieren lässt.
GTE und e Hybrid– diese Namen wird man bei VW künftig öfter hören. Vielleicht irgendwann sogar öfter als TSI und TDI, die bekannten Konzernkürzel für die Benzin- und Dieselmotoren. Technisch gesehen verbirgt sich dahinter das Teilzeit-Elektroauto, der sogenannte Plug-in-Hybrid. Er kombiniert Elektro- und Benzinmotor, aber anders als bei herkömmlichen Hybridautos werden die Batterien nicht nur mit zurückgewonnener Bremsenergie geladen, sondern auch extern. Das englische Wort Plug bezeichnet den Stecker, der für den Anschluss ans Stromnetz notwendig ist.
 
Vorteil des Plug-in-Hybrid sind die größeren Akkukapazitäten, durch die man im Alltag oft ohne lokale Emissionen fahren kann: Voll aufgeladen gehen sich Kurzstrecken von 50 bis 60 Kilometern rein im Elektromodus aus, während Langstrecken ohne Reichweitenprobleme mit dem Benzinmotor absolviert werden. Nachteil der Plug-in-Hybrid-Technik ist der höhere Preis, der durch die größeren Lithium-Ionen-Akkus entsteht, wobei die GTE-Modelle diese Investition auf zwei Arten zurückzahlen: Erstens durch rein elektrische Fahrstrecken – wer zuhause laden kann und hauptsächlich kürzere Strecken fährt, muss oft sehr lange nicht zur normalen Tankstelle. Zweitens durch Fahrspaß – die GTE-Modelle sind wahre Ökoraketen, die mit einer Systemleistung von 200 PS aufwärts im Premiumbereich angesiedelt sind.
 
Kein Wunder also, dass VW den neuen Golf GTE bei der – zwangsläufig ins Internet verlegten – Weltpremiere zusammen mit dem legendären Golf GTI und dem Diesel-Derivat GTD vorgestellt hat. Der Plug-In-Hybridantrieb des Golf GTE besteht aus einem TSI-Vierzylinder mit 150 PS, einer 115 PS starken E-Maschine, einem 6-Gang-DSG-Getriebe und einer Lithium-Ionen-Batterie mit 13 kWh Energiegehalt. Zusammen kommt das System auf maximal 245 PS und 400 Newtonmeter – und übertrumpft damit die anderen zwei Golf-Sportler: der GTI kommt auf 245 PS und 370 Newtonmeter, der GTD auf 200 PS und 400 Newtonmeter.
Mit dem Golf e Hybrid kommt zeitgleich eine zweite Plug-in-Hybrid-Variante , die das Thema nicht ganz so sportlich interpretiert, mit 204 PS aber immer noch ein Premium-Datenblatt hat. Beide Modelle sollen in Österreich im Sommer starten.
 
Und der neue Golf ist nur ein Beispiel von vielen. VW setzt bei seiner groß angelegten Elektrifizierungs-Offensive ganz stark auf die Teilzeitelektriker und erhöht das Angebot allein in diesem Jahr von drei auf sieben Plug-in-Hybrid-Modelle, zum Teil mit zwei Leistungsstufen wie beim Golf. Die Entwicklung der neuen Technik koordiniert Kai Philipp, als Projektleiter für Antriebselektrifizierung quasi oberster Elektrotechniker des Konzerns – Motorprofis.at hat mit ihm über die spannendsten Fragen gesprochen.
Der Plug-In-Hybridantrieb des neuen Golf GTE besteht aus: TSI-Vierzylinder mit 150 PS, E-Motor mit 115 PS, 6-Gang-DSG-Getriebe, Lithium-Ionen-Batterie mit 13 kWh.Der Plug-In-Hybridantrieb des neuen Golf GTE besteht aus: TSI-Vierzylinder mit 150 PS, E-Motor mit 115 PS, 6-Gang-DSG-Getriebe, Lithium-Ionen-Batterie mit 13 kWh.
Der GTE übertrumpft die anderen zwei Golf-Sportler, also GTI und GTD.Der GTE übertrumpft die anderen zwei Golf-Sportler, also GTI und GTD.
Das Plug-in-Hybrid-System kommt auf 245 PS und 400 Newtonmeter.Das Plug-in-Hybrid-System kommt auf 245 PS und 400 Newtonmeter.
Neben dem Golf GTE (Bild) kommt mit dem Golf e Hybrid ein zweiter Plug-in-Hybrid, der 204 PS hat. Beide Varianten starten in Österreich im Sommer.Neben dem Golf GTE (Bild) kommt mit dem Golf e Hybrid ein zweiter Plug-in-Hybrid, der 204 PS hat. Beide Varianten starten in Österreich im Sommer.
Auf welchen VW-Modellen liegt der Schwerpunkt bei der Plug-In-Hybrid-Entwicklung?
Kai Philipp: Topaktuell ist der Passat, Limousine und Variant wurden ja im Vorjahr umfassend überarbeitet – dabei haben wir auch die GTE-Varianten verbessert. Zwar wurde die Systemleistung bei 218 PS belassen, aber der Plug-In-Hybrid-Antriebsstrang dennoch deutlich optimiert: Bei gleichen Dimensionen der Akkus erzielten wir durch die Erhöhung der Energiedichte eine Kapazitätssteigerung von 8,8 auf 13 kWh, dazu kommen die Effizienz-Steigerung des Elektromotors und ein Update der Leistungselektronik. Damit hat sich die rein elektrische Reichweite auf rund 56 Kilometer erhöht.
Beim Golf GTE steigt die Systemleistung von 204 PS in der siebenten Generation auf 245 PS beim Golf 8. Der Tiguan ist als Plug-In-Hybrid in China bereits auf dem Markt, er kommt demnächst auch nach Europa. Bereits vorgestellt wurde der Touareg R, dessen Plug-in-Hybridantrieb 462 PS und 700 Newtonmeter bietet. Hinzukommen werden Plug-in-Hybrid-Varianten des Arteon sowie des künftigen Arteon ShootingBrake.
 
Wie wird das Elektrifizierungs-Angebot beim Passat GTE angenommen?
Kai Philipp: Österreich hält derzeit bei drei Prozent. In Deutschland hingegen ist die Nachfrage innerhalb eines Jahres von drei auf fünfzehn Prozent gestiegen. Hier wie dort ist eine signifikante Erhöhung des GTE-Anteils zu erwarten.
 
Welche Lieferzeit gibt es beim Passat GTE? Werden sich die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus auf die Lieferfristen auswirken?
Kai Philipp: An sich war mit sechs Monaten Lieferfrist für einen Passat GTE zu rechnen, wobei auch das angehobene Ausstattungsniveau eine Rolle spielt. Eine Prognose, wie sich das vorübergehende Aussetzen der Produktion wegen der Pandemie darauf auswirkt, ist derzeit noch nicht möglich. Auch nicht hinsichtlich der Absatzzahlen.
 
Werden sich die aufladbaren Hybrid-Modelle in der Leistungsskala stets ganz oben einreihen?
Kai Philipp: VW setzt den Plug-In-Hybrid grundsätzlich in unterschiedlichen Leistungsklassen ein – doch die Technik soll schon mit Fahrdynamik einhergehen: Das zeigt der neue Golf GTE, der mit 245 PS auf direkter Augenhöhe mit dem GTI ist. Und auch die Performance-Abteilung setzt ja stark auf diese Technologie, wie man am Touareg R mit 462 PS sieht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Spitzenmotorisierungen künftig mit Hybridtechnik arbeiten.
Passat-Limousine und -Variant wurden im Vorjahr umfassend überarbeitet – dabei haben sich auch die GTE-Varianten weiterentwickelt.Passat-Limousine und -Variant wurden im Vorjahr umfassend überarbeitet – dabei haben sich auch die GTE-Varianten weiterentwickelt.
Zwar wurde die Systemleistung bei 218 PS belassen, aber der…Zwar wurde die Systemleistung bei 218 PS belassen, aber der…
… Plug-In-Hybrid-Antriebsstrang dennoch deutlich optimiert.… Plug-In-Hybrid-Antriebsstrang dennoch deutlich optimiert.
Bei gleichen Dimensionen der Akkus steigt die Kapazität von 8,8 auf 13 kWh. Damit hat sich die rein elektrische Reichweite auf rund 56 Kilometer erhöht.Bei gleichen Dimensionen der Akkus steigt die Kapazität von 8,8 auf 13 kWh. Damit hat sich die rein elektrische Reichweite auf rund 56 Kilometer erhöht.
Wie sollte man den Plug-in-Hybrid nutzen, um optimale Ergebnisse zu erzielen?
Kai Philipp: Die Plug-in-Hybrid-Modelle von VW sind so ausgelegt, dass man das Fahrprogramm am besten im Normalmodus belässt. Und dass man idealerweise täglich lädt, um möglichst niedrige Verbrauchswerte zu erzielen. Der elektrische Betrieb ist leicht durchschaubar, unsere Modelle sind bewusst mit einem auf Tastendruck aktivierbaren E-Modus ausgestattet, damit man jederzeit entscheiden kann, wann und wo man elektrisch fahren möchte, zum Beispiele wenn man in die City kommt.
 
Sollen Plug-In-Hybrid den Diesel ersetzen?
Kai Philipp: Das ist nicht geplant. Alleine schon deshalb, weil die Reichweiten der Selbstzünder-Modelle nach wie vor einzigartig sind. Außerdem sorgt eine Reihe von neuen Technologien für eine noch effizientere Abgasreinigung. Die Plug-In-Hybride sind als Ergänzung der Antriebspalette gedacht – für Kunden, die regional elektrisch fahren möchten, aber auch ein langstreckentaugliches Auto benötigen. Das ermöglichen zum Beispiel die Passat-Modelle, auch wenn das Volumen des Treibstofftanks bei den GTE-Varianten von 66 auf 50 Liter reduziert ist.
 
Ist Diesel-Hybrid ein Thema?
Kai Philipp: Diesel-Hybrid haben wir als Fahrzeugstudien bereits untersucht. Hier würden sich die Mehraufwände für die Abgasnachbehandlung der Motoren zu denen für die Plug-in-Hybridtechnik addieren, damit steigt der Preis zu stark. Zudem ist der für VW wichtige chinesische Markt nicht Selbstzünder-orientiert. Aus beiden Gründen kommt Hybrid in Zusammenhang mit Diesel für uns nicht mehr in Betracht.
Der Touareg R trägt jetzt den Zusatz e Hybrid: sein Plug-in-Hybridantrieb bietet stolze 462 PS und 700 Newtonmeter auf.Der Touareg R trägt jetzt den Zusatz e Hybrid: sein Plug-in-Hybridantrieb bietet stolze 462 PS und 700 Newtonmeter auf.
Energiespeicher ist eine Lithium-Ionen-Batterie mit 14,1 kWh.Energiespeicher ist eine Lithium-Ionen-Batterie mit 14,1 kWh.
Neben GTE wird man auch e Hybrid  bei VW künftig öfter hören und lesen.Neben GTE wird man auch e Hybrid  bei VW künftig öfter hören und lesen.
Regelmäsßiges laden ist wichtig: Rein elektrisch kann der große VW bis zu 140 km/h gefahren werden, die E-Reichweite wird rund 50 Kilometer betragen.Regelmäsßiges laden ist wichtig: Rein elektrisch kann der große VW bis zu 140 km/h gefahren werden, die E-Reichweite wird rund 50 Kilometer betragen.
Wird es auch Kleinwagen mit elektrifizierten Antrieben geben?
Ein Vorteil des aufladbaren alternativen Antriebs bei VW ist an sich die kompakte Bauweise des Parallelhybrid-Moduls, mit Elektromotor, Trennkupplung und Direktschaltgetriebe in einem Gehäuse. Dazu kommt, dass sich dieses System für den Längs- und für den Quereinbau eignet. Trotzdem setzt der MQB-Baukasten eine Dimensions-Grenze, die Plug-in-Hybrid-Technik benötigt ein Mindestmaß an Raum. Daher ist der Golf die unterste mögliche Stufe dieser Art der Antriebsstrangelektrifizierung – wir gehen also nicht davon aus, dass es einen aufladbaren Polo- oder T-Cross-Hybrid geben wird.
 
Welchen Einfluss hat Hybrid auf den Allradantrieb? Ist daran gedacht, diesen künftig elektrisch zu generieren?
Kai Philipp: Wir haben in fahrbaren Studien wie dem CrossBlue bereits 2013 das Prinzip der „elektrischen Kardanwelle“ gezeigt, und bei der ID.-Familie werden zwei elektrisch angetriebene Achsen optional angeboten. Bei steigendem Bedarf ist die zusätzliche Elektrifizierung der Hinterachse durchaus auch bei Plug-In-Hybrid eine Option.
 
Kann der Plug-in-Hybrid eine Brücke zum rein elektrisch angetriebenen Auto sein?
Kai Philipp: Ja, gerade weil er beides kann: Elektroauto für den regionalen Verkehr sein, aber auch Langstreckenfahrzeug auf der Autobahn. Damit haben mehr Menschen das elektrische Fahrerlebnis – und dieses zu optimieren ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit, denn wir wollen immer mehr Kunden zur vollelektrischen Mobilität hinführen.
 
Ist Plug-in-Hybrid wichtig für das von der EU vorgegebene CO2-Ziel von 95 Gramm? Werden sie die Ziele erreichen?
Kai Philipp: Plug-in-Hybrid- und Elektromodelle tragen wesentlich zur Zielerreichung bei. Und wir gehen davon aus, dass wir mit dem aktuellen Flottenmix des Konzerns die CO2-Emissionsziele erreichen werden.

Kai Philipp ist bei Volkswagen Projektleiter für Antriebselektrifizierung. Motorprofis.at führte das Gespräch mit ihm via Skype.
Noch im Jahr 2020 wird VW die Plug-in-Hybrid-Varianten des Arteon sowie des künftigen Arteon ShootingBrake vorstellen.Noch im Jahr 2020 wird VW die Plug-in-Hybrid-Varianten des Arteon sowie des künftigen Arteon ShootingBrake vorstellen.
Der Tiguan wird in der zweiten Jahreshälfte umfassen überarbeitet und kommt dann auch als Plug-In-Hybrid, vermutlich in zwei Leitstungsstufen.Der Tiguan wird in der zweiten Jahreshälfte umfassen überarbeitet und kommt dann auch als Plug-In-Hybrid, vermutlich in zwei Leitstungsstufen.
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