TEST: RANGE ROVER EVOQUE CABRIO
Werden Cabrios jetzt auch zu SUVs?
Geländewagen-Cabrio, das klingt zwar sehr exotisch, ist aber an sich nichts Neues …
Natürlich nicht, Autos wie Land Rover Defender, Mercedes G-Klasse und Suzuki SJ/Jimny gab es über Jahrzehnte als Cabrio. Inzwischen hält nur noch der Jeep Wrangler die Stellung im Offroad-Open-Air-Segment. Während diese Modelle aber alle in die Kategorie Hardcore-Geländewagen fallen, ist die Kombination von SUV und Cabrio bisher lediglich einmal in Serie gegangen: Nissan hat den Murano von 2011 bis 2014 als Cabrio angeboten, sich dabei aber nicht über die USA hinaus getraut. Schaut man auf den österreichischen Markt, ist die Situation eindeutig: Cabrios sind seit Jahren ein schrumpfendes Segment, während SUV’s seit Jahren boomen. Wie die Kombination aus beidem ankommt, testet jetzt Land Rover zum ersten Mal.
Wie kam Land Rover auf die gewagte SUV-Cabrio-Kombination?
Das ist eine längere Geschichte. Zunächst ist die Miniatur-Ausgabe des Range Rovers seit fünf Jahren ein fabelhafter Erfolg. Die ganze Firma verdankt dem Evoque viel, er hat nicht nur Stückzahlen und Gewinne nach oben getrieben, sondern auch einer breiten Käuferschicht klar gemacht, was in der Oberklasse schon davor common sense war: Cool Cars heißen heute Range Rover. Bei soviel Glück kann man sich schon einmal etwas trauen – und so haben sich die Engländer kurzerhand für ein Cabrio entschieden, und damit auch für eine Wette auf eine anhaltende SUV-Hausse: Wenn SUV’s weiter so boomen, kann auch ein SUV-Cabrio ein Geschäftsmodell sein.
Ein offenes SUV weckt bei manchem Betrachter ernste Befürchtungen in Bezug auf die Steifigkeit. Wie sieht es in der Praxis aus, ist das Evoque Cabrio ein Wackelkandidat?
Fährt man mit offenem Dach über schlechte Straßen (Wiener Höhenstraße zum Beispiel in diesem Fall), zeigt sich schnell, dass Land Rover wohl ähnliche Sorgen hatte und dementsprechend gutes Engineering gemacht hat. Die Karosserie wurde so stark versteift, dass die A-Säule und das Lenkrad nicht auch nur ansatzweise zittern würden. Der Evoque wirkt selbst mit geöffnetem Dach beeindruckend massiv. Allerdings wirkt er auch wie ein recht straff abgestimmtes Auto, diese Abstriche im Komfort muss man schon machen.
Ja, mit hochgezogenen Scheiben dringt der Wind nur recht dezent in den Innenraum. Wenn man zusätzlich das Windschott montiert, kann man sogar an frostigen Herbsttagen das Dach öffnen, zumal die Heizung und die Sitzheizung unglaubliche Power haben. Die Flanier-Variante mit heruntergelassen Scheiben funktioniert in der Stadt gut, bei höherem Tempo ist sie zu windig.
Was kann man über das Dach selbst sagen?
Großartig vor allem im urbanen Umfeld ist der Dachmechanismus, das Verdeck öffnet und schließt während der Fahrt per Knopfdruck, der gesamte Arbeitsschritt dauert nur 18 Sekunden. Das Dach ist innen wie außen sehr hochwertig und massiv ausgeführt, zu einem Auto mit normalem Dach besteht da kein echter Unterschied mehr. Außer der Sicht nach hinten natürlich, denn die ist kaum vorhanden: Das kleine Heckfenster behindert beim Schulterblick und beim Einparken.
Wir habe es mit einem echten Viersitzer zu tun, denn auch im Fond kommen Erwachsene gut unter – ähnlich wie bei der deutschen Konkurrenz müssen die Mitfahrer hinten allerdings ziemlich aufrechte Sitzlehnen akzeptieren. Beim Kofferraum gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute: Der Kofferraum wird bei geöffnetem Dach nicht dezimiert. Die Schlechte: Der Kofferraum ist mit 251 Litern grundsätzlich nicht sehr groß und hat eine ziemlich schmale Öffnung. Aber keine Sorge, dank der Skidurchreiche steht dem Ausflug nach Kitzbühel/St. Moritz/Courchevel nichts im Weg, alles andere wäre ja auch schade: Allrad-Cabrio-Range-Rover ist schließlich eine der kitzbühlerischsten Kombinationen am gesamten Automarkt.
Der kompakte Range Rover trat im Test mit 180-PS-Diesel und 9-Gang-Automatik an. Wie funktioniert diese Kombination? Ist sie die richtige Wahl für das Evoque Cabrio?
Klar ist: Das Evoque Cabrio ist nicht leicht. Der 180 PS starke Diesel ist daher eine gute Wahl, auch die Version mit 240 PS ist aber nicht übertrieben. Von der 150-PS-Variante würden wir aus souveränitätsgründen eher abraten. Der Motorklang ist relativ dezent, auch bei offenem Dach wird man nicht gestört. Die Automatik ist grundsätzlich gut bei der Sache, nur manchmal reagiert sie ein wenig hektisch. Beim Verbrauch wird man sich in der Praxis zwischen sieben und acht Litern einpendeln, im Test waren es höhere Siebener-Werte.
Sportlich, gemütlich, reiseaffin – wie ist das Fahrgefühl?
Auf der Autobahn sind die Windgeräusche relativ präsent, sonst klappt die Langstrecke aber gut. In der Stadt suggeriert die Lenkung schöne Wendigkeit, bis auf die Sicht nach hinten haben wir uns sehr wohl gefühlt. Auf der Landstraße verzichtet man gerne auf Sport und tut stattdessen, was man im Cabrio tun sollte: cruisen wie ein König.
DATEN & FAKTEN
Range Rover Evoque Cabriolet TD4 HSE
(Oktober 2017)Preis
Grundpreis Testmodell 68.250 Euro.Antrieb
• 2.0 Liter 4-Zylinder-Twinturbo-Diesel, 180 PS• 9-Gang-Automatikgetriebe
• Allradantrieb