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INTENSIV-TEST: KIA E-SOUL LONG RANGE

INTENSIV-TEST: KIA E-SOUL LONG RANGE

Richtung Zukunft durch den Tag

Ein originelleres Kompakt-SUV als Kias elektrischer Würfel ist schwer zu finden. Der e-Soul ist optisch unangepasst und geht technisch auf Tuchfühlung mit der Oberklasse, obwohl er die Hälfte kostet. Über 400 Kilometer tatsächliche Reichweite und flottes Laden machen ihn zu einem der alltagstauglichsten Elektroautos.

Die Elektrifizierung schreitet offenbar voran bei Kia…
Schneller als bei den meisten anderen Marken auf jeden Fall. In den ersten drei Monaten des Jahres hat sich der E-Anteil am europaweiten Verkauf auf immerhin sechs Prozent verdoppelt. In Österreich waren sogar elf Prozent aller neuzugelassenen Kia in diesem Zeitraum E-Autos, das ist schon beachtlich. Zwei Elektroautos hat die Marke bei uns im Programm, beide sind Kompakt-SUVs, aber mit ganz unterschiedlicher Designsprache und Ausrichtung: Der e-Niro brav und raumorientiert, der e-Soul flippig und (noch) kompakter.


Optisch ist der e-Soul unangepasst. Was macht sein Design aus?
Der Sonderweg. Die würfelige Karosserie ist eine originelle SUV-Van-Mischung mit ausgefallenen Details. Beispielsweise sind die Frontlichter durch eine Leiste und die Rücklichter durch einen Bogen ziemlich spektakulär verbunden. Massive Felgen, verchromte Türgriffe und das Zwei-Farben-Design mit schwarzem, weißem oder rotem Dach sind weitere Eyecatcher. Wer beim vorbeifahrenden e-Soul nicht hinschaut, mag halt keine Autos oder lebt in einer eigenen Welt. Der bullige Auftritt lässt den e-Soul übrigens größer wirken als er ist, denn mit einer Länge von 4,20 Metern bleibt er sehr urban, fast zehn Zentimeter kürzer als zum Beispiel ein Golf.

Die Würfelform ist eine originelle SUV-Van-Mischung mit ausgefallenen Details. Die Frontlichter sind durch eine Leiste verbunden.Die Würfelform ist eine originelle SUV-Van-Mischung mit ausgefallenen Details. Die Frontlichter sind durch eine Leiste verbunden.
Neben Gleichstromladen geht jetzt auch Dreiphasen-Wechselstromladen.Neben Gleichstromladen geht jetzt auch Dreiphasen-Wechselstromladen.
Immer schöne Schuhe: Massive Felgen im 17-Zoll-Format sind serienmäßig.Immer schöne Schuhe: Massive Felgen im 17-Zoll-Format sind serienmäßig.
Ist das Cockpit des e-Soul auch so progressiv? Wie gut ist die Einrichtung gelungen?
Wie gewohnt ist Kias Bedienkonzept eher konservativ angelegt: Hier werden noch viele Funktion über Knöpfe direkt angesteuert, die Koreaner wiederstehen bisher der Versuchung, alles in die Menüs des Multimediasystem zu verpacken. Das sieht dann weniger aufregend aus, ist aber viel angenehmer, daran gibt es nichts zu rütteln. Dass Kias Innenräume zu den benutzerfreundlichsten der ganzen Branche gehören, liegt aber auch an den mithin besten Multimediasystemen: Der breite 10,25-Zoll-Touchscreen im Armaturenbrett ist so übersichtlich gestaltet und intuitiv bedienbar, wie man sich das nur wünschen kann. Auch die Größe zählt, es ist genug Platz um verschiedene Bereiche wie Navigation, Musik und Telefon in Kacheln nebeneinander unterzubringen, man spart sich also den lästigen Weg in die Untermenüs. Sehr Übersichtlich und logisch ist zudem das Zusammenspiel von 7-Zoll-Instrumentendisplay und Lenkradfernbedienung. Vieles kann gleich direkt im Blickfeld abgehandelt werden, also ohne den Blick auf den mittigen Bildschirm abwenden zu müssen. Weil der e-Niro über eine fixe SIM-Karte mit dem Internet verbunden ist, wird neben der künftigen Witterung auch die aktuelle Verkehrslage eingespielt, was der Navigation eine neue Qualität gibt. Sehr hilfreich sind auch die über das Internet eingeholten Infos zu Ladestationen und Parkplätzen, dieses Service hat im Test gut funktioniert.
Stilistisch spürt man im e-Soul, dass das Auto auch in den USA ein Renner ist. Die Materialauswahl könnte für den europäischen Geschmack definitiv mehr Softtouch-Flächen enthalten. Dafür ist die Ausstattung für den Preis auf enorm hohem Niveau.
 
Was heißt hohes Niveau bei der Ausstattung konkret?
Dass man schon die Basisversion nehmen kann und einem nichts Wesentliches abgehen wird. Und dass die getestete Topversion „Platin“ voll mit Premium-Features ist: Hochwertiges Harman Kardon-Soundsystem, schöne schwarze Lederbezüge mit weißen Ziernähten, neben der Sitzheizung auch eine angenehme Sitzkühlung, dazu noch Lenkradheizung, achtfach elektrische Sitzverstellung, schlüsselloser Zugang und Spezialeffekte wie das zum Sound blinkende (Disco-)Ambiente-Licht. Nur das Head-up-Display mit Kunststoffscheibe sieht nicht so richtig schick aus.
Die Rücklichter sind durch einen Bogen spektakulär verbunden. Das Zwei-Farben-Design ist mit schwarzem, weißem oder rotem Dach möglich.Die Rücklichter sind durch einen Bogen spektakulär verbunden. Das Zwei-Farben-Design ist mit schwarzem, weißem oder rotem Dach möglich.
In unserem Test, der im März noch mit Heizung gefahren wurde, lag die tatsächliche Reichweite bei etwas über 400 Kilometern im Schnitt.In unserem Test, der im März noch mit Heizung gefahren wurde, lag die tatsächliche Reichweite bei etwas über 400 Kilometern im Schnitt.
Wie schaut es mit dem Platzangebot aus?
Wer richtig Platz braucht, wird nicht zum e-Soul, sondern zum deutlich geräumigeren e-Niro greifen. Der e-Soul ist dafür noch kürzer und natürlich flippiger gestylt. Mit 315 Litern ist der Kofferraum in der Fünfsitzer-Konfiguration nicht riesig, zumal man ja auch ein oder zwei Ladekabel dort unterzubringen hat. Ordentliche 1.339 Liter Kofferraumvolumen sind es aber bei umgeklappten Rückenlehnen, da wirkt sich die Kastenform wieder aus.
Seit dem Modelljahr 2020 ist der e-Soul in der stärkeren Version mit 204 PS für 100 Kilo Stützlast ausgelegt. Er kann mit einer Anhängerkupplung ausgerüstet werden, auf die man einen Fahrradträger setzen kann. Anhänger kann er nach wie vor nicht ziehen.
 
In Europa ist die dritte Soul-Generation zum reinen E-Auto geworden, wobei es zwei Varianten mit unterschiedlichen Reichweiten gibt. Welche soll man nehmen?
Batterien sind nach wie vor teuer, über 4.000 Euro liegen also beim e-Soul zwischen der Variante mit 39,2 kWh Batteriekapazität und dem „Long Range“ mit 64 kWh-Akku. Die kleine Version hat 136 PS und 276 Kilometer Normreichweite nach WLTP-Zyklus, die größere liegt bei 204 PS und 452 Kilometern.
In der Praxis macht das zwei sehr unterschiedliche Autos: Wer nur in der Stadt und ein bisschen drum herum fährt, begnügt sich sinnvollerweise mit der kleineren Batterie. Mit den 64 kWh-Akkus geht es dagegen schon in Richtung normale Alltagstauglichkeit, abgesehen von echten Fernreisen natürlich.
 
Wie liegt der e-Soul Long Range mit diesen Werten im Konkurrenzvergleich?
Sehr, sehr gut. Der e-Soul ist eines der alltagstauglichsten Elektroautos im halbwegs leistbaren Segment um 40.000 Euro. Für noch mehr Reichweite muss man schon ein Tesla Model 3 nehmen, das aber viel teurer ist.
Mit dieser Performance ist e-Soul Long Range auf Tuchfühlung mit der europäischen Elektroauto-Oberklasse, zum Beispiel dem doppelt so teuren Mercedes EQC: Der hat zwar über 400 PS, ist durch sein enormes Gewicht beim Sprint auf Hundert aber nur zwei Sekunden schneller und liegt bei der Reichweite ganz ähnlich.
Hier werden noch viele Funktion über Knöpfe angesteuert. Die Materialauswahl könnte für den europäischen Geschmack mehr Softtouch-Flächen enthalten.Hier werden noch viele Funktion über Knöpfe angesteuert. Die Materialauswahl könnte für den europäischen Geschmack mehr Softtouch-Flächen enthalten.
Spektakulär geschnitzte Dekoreinlagen.Spektakulär geschnitzte Dekoreinlagen.
Gang- und Fahrmodiwahl. Sitzheizung und -kühlung.Gang- und Fahrmodiwahl. Sitzheizung und -kühlung.
Schwarzes Leder mit Prägung und Ziernaht.Schwarzes Leder mit Prägung und Ziernaht.
Dass Kias Innenräume zu den benutzerfreundlichsten der ganzen Branche gehören, liegt auch an den mithin besten Multimediasystemen.Dass Kias Innenräume zu den benutzerfreundlichsten der ganzen Branche gehören, liegt auch an den mithin besten Multimediasystemen.
Wie viel Reichweite ergab der Test tatsächlich?
Bei Kia sind die offiziellen Normwerte da näher an der Realität als bei anderen Marken, muss man sagen. In unserem Test, der im März noch mit Heizung gefahren wurde, lag die tatsächliche Reichweite bei etwas über 400 Kilometern im Schnitt – wobei wir vernünftig gefahren sind und uns in einem für Elektroautos passendem Umfeld bewegt haben, also urbaner Verkehr zwischen City und Peripherie, mit Autobahn- und Landstraßenetappen dazwischen. Der Verbrauch lag dabei zwischen 16,5 und 17 kWh. Kias E-Autos sind somit erstaunlich sparsam, was auch an Begleitmaßnamen liegt: Die Wärmepumpe nutzt die aus dem Kühlwasser abgegebene Abwärme für den elektrischen Antriebsstrang. Die Klimaanlage kann auf einzelne Zonen, also zum Beispiel nur den Fahrerbereich, beschränkt werden.
Wenn Sie nicht heizen müssen oder nur in der Stadt fahren, kann die tatsächliche Reichweite noch höher als im Test sein und 450 Kilometer überschreiten. Auf der Langstrecke ist es umgekehrt, Faustregel hier: Bei dauerhaft 100 km/h reduziert sich die Reichweite um rund 20 bis 30 Prozent, bei durchgehend 130 km/h eher um 40 oder 50 Prozent.
 
Der gelernte E-Auto-Fahrer weiß: Schnelles Laden ist oft sogar wichtiger als Reichweite. Ist der e-Soul ein Schnelllader?
Ja, beim Gleichstrom-Schnellladen (DC) gehen bis zu 80 kW rein, an einer entsprechend starken Station kommt man damit in weniger als einer Stunden von 0 auf 80 Prozent, an einer 50-kW-Zapfsäule dauert es rund 75 Minuten. Solche Poweranschlüsse gibt es freilich nicht an jeder Ecke. Kritisiert wurde der e-Soul daher bisweilen für sein einphasiges Wechselstromladen (AC), ein dreiphasiger On-Board-Charger war auch gegen Aufpreis nicht zu bekommen. Das ändert sich jetzt, mit dem optionalen Ladeanschluss zieht der e-Soul Long Range bis zu 11 kW aus dem Netz und verkürzt die Ladezeit an öffentlichen AC-Ladestationen oder privaten Wallboxen auf sieben Stunden – man kann also während der Arbeitszeit oder Zuhause mit dem günstigen Nachtstrom immer voll auftanken. Mit der Schuko-230V-Haushaltssteckdose dauert der Ladevorgang rund 29 Stunden.
Der e-Soul katapultiert sich geradezu von der Ampel weg und zieht das Tempo dann ebenso dynamisch wie geräuschlos hoch.Der e-Soul katapultiert sich geradezu von der Ampel weg und zieht das Tempo dann ebenso dynamisch wie geräuschlos hoch.
Wie fährt sich der e-Soul Long Range im Alltag?
204 PS und 395 Newtonmetertreffen treffen hier auf rund 1.700 Kilo, was ja für ein reichweitenstarkes E-Auto nicht so viel Gewicht ist. Die Performance hat dementsprechend oberklassige Züge, der e-Soul katapultiert sich geradezu von der Ampel weg und zieht das Tempo dann ebenso dynamisch wie geräuschlos hoch. Man wird vom Auto somit zu einem flotten Fahrstil motiviert, aber ohne ruckelige Nervositäten, sondern immer souverän. Dazu passt das Fahrwerk, es ist keine Sänfte, aber auch nicht unangenehm straff. Unterm Strich muss man sagen: Der e-Soul fährt sich richtig angenehm.
Das liegt auch am guten regenerativen Bremssystem, das wie bei allen E-Autos Energie in die Batterien zurückführt, aber über die Schaltpaddels am Lenkrad unterschiedlich intensiv eingestellt werden kann. Dadurch bremst das Auto so stark wie man es gerne hätte, wobei es nicht nur effizient ist, auf starke Rekuperation zu setzten, sondern auch lustig – das Bremspedal wird in der Stadt dann fast absolet. Schlau ist im e-Soul die manuelle „Intensivbremse“: Hält man die linke Schaltwippe länger angezogen, bremst das Fahrzeug bis zum Stillstand, ohne das man das Bremspedal drücken muss.
Ernsthafter Kurvensportler für den Berg ist e-Soul wenig überraschend keiner, dafür ist die Lenkung nicht exakt genug und der Reichweitenverlust bei dauerhaft hohem Tempo zu hoch. Trotzdem geht es immer wieder ganz flott durch die Straßenkrümmungen, die Batterien senken den Schwerpunkt ab, das Auto liegt satt.
Auf der Autobahn kommt der e-Soul ordentlich zurecht, auch wenn es Reichweiten-bedingt nicht sein Heimspiel ist. Wind- und Abrollgeräusche sind etwas präsenter als gewohnt, aber man hört ja auch keine Motorgeräusche.
An Bord ist zudem eine Armada an Assistenzsystemen, die zum Beispiel vor Querverkehr und toten Winkeln warnen oder das Auto bei aktiviertem Tempomaten automatisch bremsen und beschleunigen. Wir haben uns an einiges davon schon richtig gewöhnt.
 
Wie schaut es finanziell aus: Ist der e-Soul ein gutes Angebot?
Die Long-Range-Variante liegt mit Preisen zwischen rund 39.000 und 47.000 Euro im Konkurrenzvergleich sehr gut. Mehr elektrische Reichweite gibt es um diesen Preis nirgends. Es gibt vier Ausstattungsstufen, wobei in der Basisversion nichts abgeht und in der Topversion Luxus zelebriert wird, der speziell bei Premiummarken oft empfindlich ins Geld geht. Nur der Ladeanschluss für dreiphasiges AC-Wechselstromladen um 700 Euro ist noch extra einzuplanen.
Derzeit kann man in Österreich 3.000 Euro staatliche E-Auto-Förderung vom Kaufpreis wieder abziehen. Auch die Installation einer Home-Wallbox wird gefördert, das sollte nach Möglichkeit unbedingt genutzt werden, um immer entspannt „tanken“ zu können. Langfristige Garantien auf 70 Prozent der Batteriekapazität geben viele Hersteller, beim e-Soul sind es sieben Jahre. Unschlagbar ist Kia aber bei der allgemeinen Fahrzeuggarantie und Mobilitätsgarantie – beides ebenfalls sieben Jahre.
 
Wie fällt das Fazit nach dem Intensiv-Test aus?
Ein originelleres Kompakt-SUV ist schwer zu finden. Der e-Soul verdreht mit kreativem Würfeldesign die Köpfe und ist auch als Elektroauto schon sehr alltagstauglich. Über 400 Kilometer tatsächliche Reichweite und flottes Laden zeigen, das Kia aktuell zu den führenden E-Auto-Marken zählt. Obwohl die Werte des e-Soul auf Tuchfühlung mit der Elektroauto-Oberklasse sind, zahlt man hier die Hälfte.
Fazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Über 400 Kilometer tatsächliche Reichweite & flottes Laden zeigen, das Kia eine  der besten E-Auto-Marken istFazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Über 400 Kilometer tatsächliche Reichweite & flottes Laden zeigen, das Kia eine der besten E-Auto-Marken ist".

DATEN & FAKTEN

Kia e-Soul Long Range

(Mai 2020)

Preis

46.890 Euro in der getesteten Platin-Topausstattung. e-Soul Long Range ab 39.390 Euro. e-Soul ab 34.990 Euro.

Antrieb

Permanent Magnet Synchronmotor, Reduktionsgetriebe, 204 PS, 395 Nm von 0 – 3.600 U/min, Batterie 64 kWh. Gleichstrom-Schnellladen (DC) mit bis zu 80 kW, dreißhasiges Wechselstromladen (AC) mit bis zu 11 kW.

Abmessungen

Länge / Breite / Höhe 4.195 / 1.800 / 1.605 mm. Radstand 2.600 mm.

Gewicht

Leergewicht 1.682 – 1.758 kg. Höchstzulässiges Gesamtgewicht 2.180 kg. Kofferraumvolumen 315 – 1.339 Liter.

Fahrwerte

Höchstgeschwindigkeit 167 km/h, Beschleunigung 0–100km/h in 7,9 sec, Normverbrauch 15,7 kWh.

Testverbrauch

16,6 kWh.

MOTORPROFIS WERTUNG

Fahrspass

7 Punkte

Vernunft

7 Punkte

Preis-Leistung

7 Punkte

Gesamturteil

8 Punkte
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