GERALD ENZINGER ÜBER WELTMEISTER HONDA
Red Bulls Honda-Wunder
Die Formel-1-WM-Story 2021, Teil 1: Mit Honda hat eine Weltmeisterschaft der Sensationen auch ein Wunder als Weltmeister. Unglaublich wie die Japaner in toller Teamarbeit mit Red Bull von der Lachnummer der Formel 1 zum Weltmeister wurden – und es Alonso und Co. und der ganzen Welt gezeigt haben. Nur eines beeindruckt fast noch mehr als dieses historische Championat: Der Stil, den Honda (erneut) im Abgang beweist.
15.12.2021Fotos: Red Bull Contentpool, Honda
1987 Nelson Piquet
1988 Ayrton Senna
1989 Alain Prost
1990 Ayrton Senna
1991 Ayrton Senna
Und nun: 2021 Max Verstappen.
Das ist die kurze, aber ruhmreiche, Liste von Piloten, die mit Honda-Power Formel-1-Weltmeister geworden sind.
Honda ist in der verrücktesten Formel-1-Saison aller Zeiten am Ende zwar etwas im Schatten von Fahrer und Team, aber: die Japaner erzählen die vielleicht größte Heldensaga dieser einzigartigen Meisterschaft.
Honda war es, das vor allem in der ersten Saisonhälfte einen so sensationell starken Motor hatte, dass Max die am Ende vielleicht entscheidenden Punkte holen konnte – etwa beim Doppel-Erfolg am Red Bull Ring in Spielberg.
Honda erzählt eine atemberaubend aufregende und Mut machende Geschichte vom Wiederaufstehen, vom Kämpfen, vom "es allen zeigen".
Nie in der Historie der Formel 1 und auch bedingt durch die Entwicklung der Social-Media-Plattformen wurde ein Automobilkonzern von der Sport-Weltöffentlichkeit so gedemütigt, wie Honda in den Jahren von 2015 bis 2017. Vorgeführt auch von einem verbal außer Rand und Band geratenen Superstar namens Fernando Alonso, im Stich gelassen von einem damals nur mit Arroganz und Schuldzuweisungen auffallenden Partner namens McLaren. Am Ende fand man sich ganz am Ende wieder.
Der ruhmlose Abgang aus der Formel 1 schien besiegelt, niemand schien sich mit den Japanern zusammen tun zu wollen. Als Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn eine Kooperation mit Honda einging, wurde sie (nicht nur deshalb, aber wohl auch) abgesetzt.
Doch dann kam Red Bull – und schenkte Honda, auch mangels eigener Alternativen (im Streit mit Renault, von Ferrari und Mercedes nicht erwünscht) das Vertrauen. Das tat Red Bull dann aber auf eigene Weise – und höchst beeindruckend.
Erst mit dem Partner-Team Toro Rosso. Teamchef Franz Tost hatte als Berater von Ralf Schumacher in dessen Formel-Nippon-Zeit selbst in Japan gewohnt.
Ihm war klar, dass man Honda und vor allem den Honda-Mitarbeitern mit mehr Respekt und auf Augenhöhe begegnen muss – ganz anders jedenfalls, als es die arrogante McLaren-Truppe getan hatte. Tost reiste, in enger Abstimmung mit Dietrich Mateschitz und Helmut Marko, nach Japan und vermittelte ihnen das wichtigste Geschenk, dass man im Leben geben kann: Vertrauen in den anderen.
Zugleich bereitete Red Bull die eigenen Mitarbeiter in Italien und später dann in England gezielt auf die neuen Partner vor – in Kursen wurde über die japanische Kultur und ihre Sitten gesprochen – und man bekam ein Gefühl dafür, wie man Hondas Mitarbeiter gegenübertreten soll, sie mit ins Boot nimmt.
Was dann passierte, das übertraf alle Erwartungen: Schon mit Toro Rosso gab es eine klare Verbesserung gegenüber der McLaren-Zeit und mit Red Bull Racing wurde Honda schnell zum Sieger-Motor. Und beim unvergessenen ersten gemeinsamen Sieg ausgerechnet "daheim" in Spielberg machte Max Verstappen etwas, dass zum einen vom Herzen kam und zum anderen auch die Führungs-Qualitäten des jungen Holländers zeigte: er zeigte auf sein Honda-Logo am Overall, als er auf das Podium stieg.
Mit keinem Zeichen der Welt, hätte er die Zehntausenden Honda-Mitarbeiter in aller Welt bis zur nächsten Werkstätte im Dorf stolzer machen können.
Auch wenn heute sich noch kaum wer abseits von Honda daran erinnern mag, es war ein entscheidender Moment am Weg von Max Verstappen am Weg zum Weltmeister-Titel 2021.
Und es waren Red-Bull-intern vor allem Marko und Tost gewesen, die sich für Honda ausgesprochen hatten – in England und in der dortigen Führungsetage von Red Bull Racing war man anderer Ansicht. Nicht zum ersten und nicht zum einzigen Mal, dass Dietrich Mateschitz Recht hatte, wenn er der österreichischen Seite im Team-Management Vertrauen schenkte. Und Honda nutzte sein Formel-1-Wissen für Autos wie den Jazz und den HR-V (wie sich die Straßenautos und Rennwägen unterscheiden und wo sie Überscheidungen haben, lesen Sie hier).
Doch wenige Monate später der Schock: Honda entschied aus Umwelt-Image-Gründen, sich aus der Formel 1 zu verabschieden, und das mitten im beginnenden Höhenflug. Eine absurde Parallele zum Jahr 2008, als man aus der Formel 1 ausstieg und das mit einem Auto und einer Erfindung (Doppeldiffusor), die so gut waren, dass Brawn ein Jahr später damit locker Weltmeister wurde – bizarrer weise mit einem Mercedes-Motor.
Doch obwohl Honda schon damals für seine Fairness gebüßt hatte (man hätte ja einfach aussteigen und die Mitarbeiter im Stich lassen können, um nicht den Erben den Erfolg zu überlassen), ist Honda auch jetzt wieder großzügig und mit Stil unterwegs zum Boxenstopp. Red Bull bekam bis Ende 2021 Zeit, sich Alternativen zu überlegen – und jetzt kann Red Bull sogar mit einem eigenen Power-Konzept, das man von Honda unterstützend überlassen bekommt und das mit Hilfe der Grazer AVL auf Weltmeister-Niveau bleiben soll, weitermachen.
Und, ach ja, Weltmeister ist man zum Abschluss auch noch geworden – in einem Rennen, in dem auch die beiden Alphatauri-Piloten Tsunoda (eine Honda-"Erfindung") und Gasly (ein Honda-Allzeitliebling) mit den Plätzen 4 und 5 ordentlich Punkte gemacht haben.
Schon einige Monate davor, in Istanbul, war Red Bull Racing ganz in Weiß angetreten, als Tribute in den Farben von Honda. Und als weiteres Beispiel für eine Regel, die auf die kurze gemeinsame Geschichte von Red Bull und Honda in der Formel 1 ganz sicher zutrifft: Teamwork makes the dream work.
Sayonara Honda – und vielleicht ja bis bald!
Anmerkung & Lesetipp: An dieser Stelle werden wir Ihnen in den nächsten Tagen und Wochen noch einige der (zum Teil stillen) Helden dieser einzigartigen Formel-1-WM 2021 genauer vorstellen. Damit auch sie nie vergessen werden.
1988 Ayrton Senna
1989 Alain Prost
1990 Ayrton Senna
1991 Ayrton Senna
Und nun: 2021 Max Verstappen.
Das ist die kurze, aber ruhmreiche, Liste von Piloten, die mit Honda-Power Formel-1-Weltmeister geworden sind.
Honda ist in der verrücktesten Formel-1-Saison aller Zeiten am Ende zwar etwas im Schatten von Fahrer und Team, aber: die Japaner erzählen die vielleicht größte Heldensaga dieser einzigartigen Meisterschaft.
Honda war es, das vor allem in der ersten Saisonhälfte einen so sensationell starken Motor hatte, dass Max die am Ende vielleicht entscheidenden Punkte holen konnte – etwa beim Doppel-Erfolg am Red Bull Ring in Spielberg.
Honda erzählt eine atemberaubend aufregende und Mut machende Geschichte vom Wiederaufstehen, vom Kämpfen, vom "es allen zeigen".
Nie in der Historie der Formel 1 und auch bedingt durch die Entwicklung der Social-Media-Plattformen wurde ein Automobilkonzern von der Sport-Weltöffentlichkeit so gedemütigt, wie Honda in den Jahren von 2015 bis 2017. Vorgeführt auch von einem verbal außer Rand und Band geratenen Superstar namens Fernando Alonso, im Stich gelassen von einem damals nur mit Arroganz und Schuldzuweisungen auffallenden Partner namens McLaren. Am Ende fand man sich ganz am Ende wieder.
Der ruhmlose Abgang aus der Formel 1 schien besiegelt, niemand schien sich mit den Japanern zusammen tun zu wollen. Als Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn eine Kooperation mit Honda einging, wurde sie (nicht nur deshalb, aber wohl auch) abgesetzt.
Doch dann kam Red Bull – und schenkte Honda, auch mangels eigener Alternativen (im Streit mit Renault, von Ferrari und Mercedes nicht erwünscht) das Vertrauen. Das tat Red Bull dann aber auf eigene Weise – und höchst beeindruckend.
Erst mit dem Partner-Team Toro Rosso. Teamchef Franz Tost hatte als Berater von Ralf Schumacher in dessen Formel-Nippon-Zeit selbst in Japan gewohnt.
Ihm war klar, dass man Honda und vor allem den Honda-Mitarbeitern mit mehr Respekt und auf Augenhöhe begegnen muss – ganz anders jedenfalls, als es die arrogante McLaren-Truppe getan hatte. Tost reiste, in enger Abstimmung mit Dietrich Mateschitz und Helmut Marko, nach Japan und vermittelte ihnen das wichtigste Geschenk, dass man im Leben geben kann: Vertrauen in den anderen.
Zugleich bereitete Red Bull die eigenen Mitarbeiter in Italien und später dann in England gezielt auf die neuen Partner vor – in Kursen wurde über die japanische Kultur und ihre Sitten gesprochen – und man bekam ein Gefühl dafür, wie man Hondas Mitarbeiter gegenübertreten soll, sie mit ins Boot nimmt.
Was dann passierte, das übertraf alle Erwartungen: Schon mit Toro Rosso gab es eine klare Verbesserung gegenüber der McLaren-Zeit und mit Red Bull Racing wurde Honda schnell zum Sieger-Motor. Und beim unvergessenen ersten gemeinsamen Sieg ausgerechnet "daheim" in Spielberg machte Max Verstappen etwas, dass zum einen vom Herzen kam und zum anderen auch die Führungs-Qualitäten des jungen Holländers zeigte: er zeigte auf sein Honda-Logo am Overall, als er auf das Podium stieg.
Mit keinem Zeichen der Welt, hätte er die Zehntausenden Honda-Mitarbeiter in aller Welt bis zur nächsten Werkstätte im Dorf stolzer machen können.
Auch wenn heute sich noch kaum wer abseits von Honda daran erinnern mag, es war ein entscheidender Moment am Weg von Max Verstappen am Weg zum Weltmeister-Titel 2021.
Und es waren Red-Bull-intern vor allem Marko und Tost gewesen, die sich für Honda ausgesprochen hatten – in England und in der dortigen Führungsetage von Red Bull Racing war man anderer Ansicht. Nicht zum ersten und nicht zum einzigen Mal, dass Dietrich Mateschitz Recht hatte, wenn er der österreichischen Seite im Team-Management Vertrauen schenkte. Und Honda nutzte sein Formel-1-Wissen für Autos wie den Jazz und den HR-V (wie sich die Straßenautos und Rennwägen unterscheiden und wo sie Überscheidungen haben, lesen Sie hier).
Doch wenige Monate später der Schock: Honda entschied aus Umwelt-Image-Gründen, sich aus der Formel 1 zu verabschieden, und das mitten im beginnenden Höhenflug. Eine absurde Parallele zum Jahr 2008, als man aus der Formel 1 ausstieg und das mit einem Auto und einer Erfindung (Doppeldiffusor), die so gut waren, dass Brawn ein Jahr später damit locker Weltmeister wurde – bizarrer weise mit einem Mercedes-Motor.
Doch obwohl Honda schon damals für seine Fairness gebüßt hatte (man hätte ja einfach aussteigen und die Mitarbeiter im Stich lassen können, um nicht den Erben den Erfolg zu überlassen), ist Honda auch jetzt wieder großzügig und mit Stil unterwegs zum Boxenstopp. Red Bull bekam bis Ende 2021 Zeit, sich Alternativen zu überlegen – und jetzt kann Red Bull sogar mit einem eigenen Power-Konzept, das man von Honda unterstützend überlassen bekommt und das mit Hilfe der Grazer AVL auf Weltmeister-Niveau bleiben soll, weitermachen.
Und, ach ja, Weltmeister ist man zum Abschluss auch noch geworden – in einem Rennen, in dem auch die beiden Alphatauri-Piloten Tsunoda (eine Honda-"Erfindung") und Gasly (ein Honda-Allzeitliebling) mit den Plätzen 4 und 5 ordentlich Punkte gemacht haben.
Schon einige Monate davor, in Istanbul, war Red Bull Racing ganz in Weiß angetreten, als Tribute in den Farben von Honda. Und als weiteres Beispiel für eine Regel, die auf die kurze gemeinsame Geschichte von Red Bull und Honda in der Formel 1 ganz sicher zutrifft: Teamwork makes the dream work.
Sayonara Honda – und vielleicht ja bis bald!
Anmerkung & Lesetipp: An dieser Stelle werden wir Ihnen in den nächsten Tagen und Wochen noch einige der (zum Teil stillen) Helden dieser einzigartigen Formel-1-WM 2021 genauer vorstellen. Damit auch sie nie vergessen werden.
So begann die Honda-Story: 2019 gewinnt Verstappen erstmals mit Honda-Power – und zeigt, was er Honda zu verdanken hat.
So endet die Honda-Story: Nur zweieinhalb Jahre später jubelt Max Verstappen als Hondas erster Weltmeister seit 30 Jahren.
Gestatten: Max Verstappen, Red Bull Honda.
Was bleibt: Synergie-Effekte zwischen der Formel 1 und der Serie – etwa im Honda Jazz.
Wunderschönes Tribute: Um Honda zu Ehren fuhr Red Bull in Istanbul im Roy-Black-Style. Also "Ganz in Weiß".
Red Bull Honda in Istanbul.
Red Bull Honda in Istanbul.
Red Bull Honda in Istanbul.
Red Bull Honda in Istanbul.
Red Bull Honda in Istanbul.
Red Bull Honda in Istanbul.
Tolles Teamwork: Zwischen den Bossen von Honda und Red Bull passte es einfach.
Pionier: Japan-Kenner Franz Tost hatte vor allem in der Anfangsphase der Zusammenarbeit eine wichtige Rolle als "Kulturen-Dolmetscher".
Masashi Yamamoto. Hondas Mastermind glaubt, dass sein Konzern eines Tages in die Formel 1 zurückkommen wird.
Red Bull Racing & Honda. Eine Erfolgsgeschichte geht zu Ende – und irgendwie doch auch ein Stück weit weiter.