Erster Test: Lexus NX Overtrail
Die Abenteuer des Monsieur L.
Also etwa mal einen neuen Weg genommen – ohne die Annehmlichkeiten eines qualitativ hochwertigen Asphaltbandes. So gesehen ist es durchaus beachtlich, dass sich die Japaner auf unwegsameres Gelände begeben. Was wissen wir nun nach den ersten Test-Kilometern, die wir mit dem NX Overtrail absolviert haben?
Wer ist der Lexus NX Overtrail?
Der Lexus NX, das in Europa mittlerweile meistverkaufte Lexus-Modell, bekommt eine weitere Ausstattungs-Variation. Der neue NX mit dem Namen "Overtrail" ist damit die sechste Ausstattungsversion der Baureihe – und die, die Fahrer und Fahrerinnen in neue Dimensionen bringen soll, als eine Art "Adventure"- oder "Outdoor"-Version.
Die Spezifikationen gehen weit über die übliche Ansammlung von Sonderausstattungen, der NX Overtrail bekommt einen eigenständigen Charakter. Der feine Herr Lexus gönnt sich nun ein bisschen Fun – abseits der gewohnten Bahnen.
Wie ist der erste Eindruck vom Neuen im Lexus-Sixpack?
Mit seinen Dimensionen hebt er sich wahrsten Sinn des Wortes von seinen fünf Brüdern in der NX-Familie ab. Auffallend ist die leichte Fahrwerkserhöhung um 15 Millimeter. Dazu bekommt der Lexus NX Overtrail etwas gröber profilierte Reifen auf neuen 18-Zoll-Rädern, was verwegen wirken soll. Das Außenspiegelgehäuse, Türgriffe, Radlaufleisten und Dachreling sind in Schwarz gestaltet, auch Fensterleisten und die Räder. Der Rahmen und das Gitter des spindelförmigen "Diabolo"-Kühlergrills wurden glanzgedreht,wodurch ein edler Kontrast zwischen hell und dunkel entsteht. Durch die Höherlegung wächst die Gesamthöhe des NX Overtrail auf 1.675 Millimeter, die Bodenfreiheit liegt bei 200 Millimetern.
Die erste Testauto-Palette ist ausschließlich in beige gehalten, was uns an Dokumentarfilme aus der Safari erinnert, oder aber auch an den einen Verwandten: den Toyoyta Landcruiser. Neu und exklusiv für den NX Overtrail führt Lexus diese Metalliclackierung in Sahara-Beige ein, die zwar exklusiv wirkt, aber die für den Kunden nicht ohne Alternativ-Colorierungen ist. Sechs weitere Farbtöne stehen Kunden in Zukunft zur Wahl.
Und was spätestens bei den ersten Test-Donuts im Staub auffällt: Die Sahara-Farbe hat ihren Namen nicht umsonst, bei Offroad-Fahrten ist sie dankbar, weil sie den Staub, der sich am Wagen angesammelt hat, gut versteckt.
Wie groß ist der Kofferraum?
Das Kofferraumvolumen beträgt 545 Liter bei aufgestellten Sitzen (genug für drei Golfbags) und bis zu 1.436 Liter bei umgelegter Fondbank. Die Rücksitze können – auch elektrisch – im Verhältnis 60:40 umgeklappt werden. Die elektrische Heckklappe öffnet und schließt in der aktuellen NX-Generation vier Sekunden schneller als früher, hier sind also noch größere Entwicklungssprünge drinnen.
Was fällt innen auf?
Der NX Overtrail ist mit der nanoe X-Luftreinigungstechnologie von Panasonic ausgestattet. Durch Billionen winziger Wassermoleküle, die über die Klimaanlagenauslässe an die Innenraumluft abgegeben werden, trägt nanoe X dazu bei, Viren, Bakterien, Pollen und andere Allergene sowie schlechte Gerüche zu beseitigen.
Zur Overtrail-Exklusiv-Ausstattung gehören auch das Moosgrün der Lederausstattung (synthetisch, aber angenehm) und die Holzapplikationen – sie korrespondieren mit der Außenlackierung in Sahara-Beige. Mit indirektem und sanftem Licht in den Fußräumen, an den Türverkleidungen und der Mittelkonsole verstärkt die Ambientebeleuchtung die gewünschte Stimmung im Innenraum. 14 der insgesamt 64 Farbtöne wurden neu ausgewählt, um eine von der Natur inspirierte Umgebung zu erzeugen. Auch das wunderbare Mark-Levinson-Soundsystem ist im NX Overtrail inklusive.
Die Graphik der Multimedia-Technik ist modern, die großen Bedienfelder am Bildschirm trifft man auch währen der Fahrt meistens. Die Armaturen sind ebenfalls digitalisiert, allerdings nicht wie bei der Konkurrenz mit einem durchgängigen Bildschirm, sondern durch veränderbare Infodisplays. Das Navi unseres Testwagens hatte ein paar Aussetzer, die Lage im Niemandsland in Kombination mit einigen Baustellen in kleinen Dörfern, verwirren das System – aber solche Fehler sollten rasch ausgemerzt sein durch Updates.
Das Lenkrad liegt gut in der Hand, der angenehm kleine Schalthebel braucht etwas Gewöhnungszeit bei der Bedienung. Die Knöpfe und Drehräder wurden reduziert, aber nicht gänzlich eliminiert. Das NX-Cockpit behält sich trotz Digitalisierungs-Schub eine klassische Note. Einher geht eine hohe Benutzerfreundlichkeit, Bereiche wie Raumtemperatur, Sitzheizung und Musiklautstärke lassen sich vorbildlich einfach regeln. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Öffnen der Tür (drücken statt ziehen), aber wenn man damit vertraut ist, ist das neue Ausstiegs-Prozedere eine Verbesserung.
Welche Motorisierungen gibt es?
Die neue Ausstattungsvariante Overtrail lässt sich mit beide Allardantrieben des NX kombinieren, also dem 244-PS-Hybridantrieb des NX 350h und dem 309-PS-Plug-in-Hybrid-Antrieb des NX 450h+. Der klassische Hybrid lädt seine kleine Batterie während der Fahrt durch zurückgewonnene Bremsenergie oder den Generator. Die PHEV-Variante mit größerer 21,5-kWh-Batterie kann extern aufgeladen werden und in der Praxis rund 65 Kilometer elektrisch fahren, wird also zum Teilzeit-Elektroauto, wenn man zuhause laden kann.
Wir sind den NX 350h Overtrail gefahren. Als Antrieb dient ihm ein 2,5-Liter-Benziner im Zusammenspiel mit zwei Elektromotoren. Anfahren, Dahinrollen und Geschwindigkeit halten ist nur elektrisch: Der Antrieb ist in diesem Betriebsmodus gar nicht zu hören, Schaltrucke gibt es sowieso keine. Arbeitet der Verbrenner mit, bleibt er meist ruhig im Hintergrund, solange keine starke Beschleunigung abverlangt wird. Aber dann steigt seine Drehzahl erheblich an, dort bleibt er – und tönt bis in den Innenraum. Ganz abgewöhnen konnte Toyota/Lexus dem Hybridantrieb dieses Jaulen nicht. Es istz der einzige Stör-Faktoren bei diesem an sich hochkomfortablen Auto. Gegengesteuert wird mit dem eigenen Fahrstil: Sanft beschleunigen, entspannt gleiten. Oder, wenn man das nicht zusammenbringt, eben kurz und kräftig beschleunigen, dann wieder gleiten lassen.
Wie sehen die Preise aus?
Der Lexus NX 350h AWD Overtrail mit Hybridantrieb ist ab 73.900 Euro erhältlich, der Lexus NX 450h+ AWD Overtrail mit Plug-in-Hybrid-Antrieb startet bei 77.300 Euro. Der Preisabstand zwischen Hybrid und Plug-in-Hybrid wird durch die NoVA-Besteuerung also zunehmend kleiner. Klar ist, das „Overtrail" eine echte Tiptop-Ausstattung darstellt. Der Einstiegspreis für den NX mit Allradantrieb beträgt 56.500 Euro, die mittlere Variante „Executive Line" kostet 65.680 Euro. Günstig ist das nicht, aber eben auch im Preisschnitt der Premiummarken.
Der Qualitäts-Leumund von Lexus ist bestens, die Marke liegt in einschlägigen Statistiken oft im Spitzenfeld. Zudem gibt Lexus zehn Jahre (!) oder 160.000 Kilometer Garantie, wenn das Service bei einem Vertragspartner gemacht wird – wobei auch der Wiedereinstieg in die Garantie nach Unterbrechungen möglich ist. Das gibt es bei der Premium-Konkurrenz nicht.
Unser Fazit?
Auch im Gelände gefällt der Overtrail mit Laufruhe und Komfort, Schlaglöcher neutralisiert er gekonnt, die Geräuschkulisse im Innenraum ist – abgesehen von der oben erwähnten seltenen Ausnahme – gering. Die hier nochmals erhöhte Sitzposition sorgt für gute Sicht und Wohlgefühl, das adaptive variable Fahrwerk reagiert schnell auf sich ändernde Bedingungen. Der NX Overtrail hinterlästv einen hohen Qualitätseindruck und mag vor allem Schotterstraßen, hier ist er in seinem Element und mit seinem minimalen Untersteuern ideal auf Kurs. Auf Kurs zu immer neuen Abenteuern.