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GERALD ENZINGER ÜBER FRAUENPOWER

GERALD ENZINGER ÜBER FRAUENPOWER

Hannah Schmitz: Frauen an die Macht!

Und der Sieger des Grand Prix von Monaco ist – eine Frau! Hannah Schmitz war es, die als Red Bulls Strategin Ferrari austrickste und Sergio Perez im Wetterchaos an der Cote d´Azur zum Sieg lotste. Ein wichtiges Beispiel, dass die Formel-1-Teams mehr Frauen abseits der üblichen Jobs in Medien, Marketing und Moderation eine Chance geben sollen – als Strateginnen, Team-Managerinnen oder Technikerinnen. Frauen an die Macht!
Merken Sie sich diesen Namen – aber vor allem: Merken Sie sich diese Frau und achten sie (auf) sie.

Hannah Schmitz.
Eine Frau, die im Internet kaum zu finden ist, weil sie bislang meist im Hintergrund agiert – weshalb der Algorithmus meist erst zwei andere Frauen mit diesem Namen vorschlägt: eine TV-Promi-Köchin und die (höchst zweifelhafte und im Film von Kate Winslet grandios dargestellte) fiktive Roman-Figur der Hanna Schmitz als "Die Vorleserin".

Doch in der Formel 1 ist es eine ganze andere Hannah Schmitz, eine Engländerin, die Geschichte schreibt: die Strategin von Red Bull Racing, die am Sonntag Sergio Perez zum Sieg gelotst hat, mit der mit Abstand besten und intelligentesten Taktik – quasi dem Gegenteil von dem, was Ferrari mit Charles Leclerc strategisch angerichtet hat.
Es war wieder einmal ihr Triumph, und nicht zum ersten Mal. Denn immer wenn es kompliziert ist und gefühlt in jeder Runde oder sogar in jeder Kurve das Wetter wechselt, dann bleibt Hannah Schmitz cool.

Ihr bisheriges Meisterstück: das legendäre Rennen in Sao Paulo 2019. Da durfte sie am Ende endlich neben Max Verstappen, den sie zum Sieg geführt hatte, auf das Podium. Oder das Rennen in Silverstone 2020 – auch hier gewann Verstappen, auch hier nicht zuletzt Dank der Frau am Kommando.

Und nun das lange chaotische Rennen in Monaco, das wegen eines Stromausfalls verspätet begann und in dem das Wetter eine ewige Variable war, wie die Strategie, die Wahl der Reifen, das Timing der Boxenstopps.

Es sind die Rennen, die die brillanten Strategen von den Chaoten trennen. Es sind die Rennen, in denen Hannah Schmitz die Männer am Kommandostand von Ferrari in einen verhängnisvollen Fehler trieb, indem sie Charles Leclerc im falschen Moment an die Box holten.
Es sind die Rennen, in denen eine Gedanke, ein Geistesblitz, ein Datenfund eines einzelnen Teammitglieds entscheiden kann, ob der eine Multimillionär am Steuer gewinnt, oder der andere.

Es sind die Rennen, in denen der Verstand siegt – und Frau Hannahs Gespür für die Schnelligkeit.

Selbst Dr. Helmut Marko, der in der Kunst das Progressive liebt, im Sport aber tendenziell traditionellen Rollenbildern vertraut (zumindest was weibliche Rennfahrer betrifft), zögerte keine Sekunde, nach dem gestrigen Sieg eine Frau ins Licht zu rücken: "Das haben wir unserer Hannah zu verdanken!"

Dann präzisiert Marko: "Sie ist unsere Chefstrategin hier. Mit der Ruhe und Souveränität, mit der sie das Ganze analysiert hat, natürlich mit der Hilfe von zu Hause in Milton Keynes, draußen zu bleiben, obwohl andere schon drinnen waren, dann schnellste Runden mit dem Intermediates zu fahren und dergleichen - das hat letztlich den Ausschlag gegeben."

Hannah Schmitz ist "Principal Strategy Engineer", und sie schon lange bei Red Bull.
Sie ist Mutter. Christian Horner erzählt gerne von ihr: "Hannah ist schon lange in unserem Strategieteam. Sie war 2018 im Mutterschaftsurlaub und ist anschließend Vollzeit in den Job zurückgekehrt. Sie arbeitet neben ihrer Rolle als Mutter und sie fährt jeden Tag stundenlang ins Büro und dort gibt sie alles."

Und sie spürt alles richtig.
In Sao Paulo 2019 wagte sie den höchst mutigen Entscheid, Max Verstappen ein zusätzliches Mal an die Box reinzuholen. Das Ergebnis? Ein völlig unerwarteteter Sieg in einem für Red Bull schwierigen Moment.
In Silverstone 2020 (dem berühmten Jubiläums-Grand-Prix) schickte sie Verstappen als einzigen der Top10-Fahrer mit harten Reifen ins Rennen, die arbeiteten viel besser als (von den anderen) gedacht. Max konnte es nicht fassen, grinste am Funk in Runde 23: "Unglaublich – die Reifen funktionieren immer noch." Belohnung: der Sieg.

Momente wie diese sind es, die Hannah Schmitz zu einem Idol von Tausenden Mädchen machen, die auch davon träumen, eines Tages einen technischen Beruf in der Formel 1 zu ergreifen. Bis dato ist ja eine 1:100-Ausnahme, sind alle Rollenbilder abseits der Bereiche Medienarbeit, PR, TV-Moderation sehr, sehr stark männlich geprägt.

Kaum ein Team macht es so wie Red Bull Racing und vertraut einen so strategisch wichtigen Job einer Frau an. Auch wenn vor allem Mercedes unter Toto Wolff im Rahmen der Diversity-Offensive sich da massiv für Frauen einsetzt, aber diese erst am Anfang sind und jetzt mal langsam in der Ausbildung und in den Universitäten, in den sie etwa von Mercedes gefördert werden.

Leitfiguren wie Hannah, also Frauen, die es schon geschafft haben, die fehlten noch.
Dabei ist das Interesse der Formel 1 umso weiblicher umso jünger die Fans sind. Und umso diverser. Ich kenne technisch hochbegabte oder kreative Frauen in Ländern wie Malaysia, Mexiko oder Brasilien, die sich vorstellen können, eines Tages in die Formel 1 zu kommen. Für sie ist Hannah eine Heldin.
"Queen Hannah hat wieder allen gezeigt, dass Frauen fähig sind, in der Formel 1 fantastische Dinge zu vollbringen." "Schmitz ist meine Heldin. Was für eine Frau!" "Hannah denkt und der Fahrer lenkt".
Das sind die Kommentare, die man von diesen Formel-1-begeisterteten weiblichen Fans liest. Sie ist eine Inspiration.

Lange war die Formel in den Boxen vor allem harte und sehr körperliche Arbeit. Das hat sich gewandelt, heute geht es um Datenanalyse, um das Auswerten von Zahlen, um das intelligente Reflektieren. Und um den gesunden Hausverstand.
Alles Qualitäten, die Frauen haben und einsetzen wollen. Darum ist der Sieg von Hannah Schmitz auch einer für die Formel 1. Denn je mehr Frauen sich, egal ob aktiv oder passiv, für die Formel 1 interessieren, desto leichter wird sich dieser klassische Männersport in einer künftig (hoffentlich) diverseren und toleranteren Welt tun.
Talenten in der Formel 1 und egal in welcher erträumten Position, sollte man keine Grenzen setzen, und sie fördern. So wie das Red Bull mit Hannah Schmitz getan hat.
Millimeterarbeit – sowohl vom Piloten (Perez, hier im Bild) als auch von der Strategin Hannah Schmitz – war in Monaco gefragt.Millimeterarbeit – sowohl vom Piloten (Perez, hier im Bild) als auch von der Strategin Hannah Schmitz – war in Monaco gefragt.
Ein Freuden-Bad in der Menge: Auch dieses Bild aus dem Pool von Monaco lässt ahnen, wie sehr Frauen wie Hannah in der Formel 1in der Minderheit sind.Ein Freuden-Bad in der Menge: Auch dieses Bild aus dem Pool von Monaco lässt ahnen, wie sehr Frauen wie Hannah in der Formel 1in der Minderheit sind.
Hannah Schmitz.Hannah Schmitz.
Hannah Schmitz.Hannah Schmitz.
Hannah Schmitz.Hannah Schmitz.
Sergio Perez freut sich über seinen dritten Sieg in der Formel 1, und das beim Saisonhöhepunkt in Monte Carlo. Mexiko jubelt mit ihm.Sergio Perez freut sich über seinen dritten Sieg in der Formel 1, und das beim Saisonhöhepunkt in Monte Carlo. Mexiko jubelt mit ihm.
Im Vorjahr war Perez gegen Verstappen meist chancenlos – beeindruckend um wie viel besser er heuer ist. In Monaco hatte er ihn immer hinter sich.Im Vorjahr war Perez gegen Verstappen meist chancenlos – beeindruckend um wie viel besser er heuer ist. In Monaco hatte er ihn immer hinter sich.
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