Test: Honda SH125i Vetro

Was bisher geschah
1984 fusioniert Honda mit der Baureihe SH - kurz für „Small Honda“ - die beiden bis dahin streng getrennten Gattungen Mofa und Scooter. Es ist die Geburtsstunde des sogenannten Großrad-Rollers mit freiem Durchstieg und komfortabler Sitzposition samt Schürze. Zunächst wird die 50 ccm-Klasse bespielt, 2001 erfolgt der Aufstieg in die 125er-Liga. 2013 zieht die erste Generation des eSP-Hightech-Motors samt Start/Stopp-Automatik ein, als Ausstattung-Highlights folgen schlüsselloses Starten und LED-Leuchten. Das bisher auffälligste Restyling erfolgte 2020, seitdem wurde mit diskreten Updates weiter verfeinert.
 
Technisch alles beim Neuesten
Der Vierventil-Motor heißt mittlerweile eSP+, was grundsätzlich für enhanced smart power steht. Vor allem in Sachen Reibungsoptimierung stellt er so was wie ein kleines Meisterwerk dar. Die rein praktischen Auswirkungen davon heißen Laufruhe und geringer Verbrauch - mit nur 2,2 Liter je 100 Kilometer gehört der SH125i definitiv zu den am wenigsten durstigsten Stadtbegleitern in dieser Klasse. Elektronische Direkteinspritzanlage, Traktionskontrolle und stufenlose Variomatik zählen zu den weiteren Highlights. Das Start/Stopp-System lässt sich auf Knopfdruck auch deaktivieren. Als weitere Features sind etwa LCD-Cockpit und eine USB-C Ladebuchse an Bord. Wer mit den 28 Litern Stauraum unter der Sitzbank kein Auslangen findet, wird die 35 weiteren Liter im versperrbaren Top-Case schätzen.

Und was ist nun Vetro?
Zunächst einmal das italienische Wort für Glas. Die Gefahr, dass Honda deswegen ähnlich wie Alfa Romeo in Konflikt mit dem Ursprungs-Gesetz gerät, besteht nicht. Es gilt nur für die Verwendung von Städte- und Regionen-Namen, außerdem ist der SH ein italienisches Produkt, designed und gebaut im Honda-Werk in Atessa nahe Chieti in den Abruzzen. Der neue Look im halbtransparenten grünen Kunststoff hat zwei Effekte: Erstens die Hingucker-Auswirkung – vor allem auf den zweiten Blick, wenn das Gehirn verarbeitet hat, dass es hier eben um keine Farbe handelt und dass es die pure Technik darunter ist, die da durchschimmert. Hat was Utopisches und erinnert ein wenig an den Film „I, Robot“, nur wird ein Honda im Gegensatz zum ebenfalls nicht ganz durchsichtigen Roboter Sonny garantiert nie rebellieren. Zweitens gibt es einen Umwelt-Aspekt: Die CO2-Einsparung bei der Produktion der Kunststoffteile durch den Entfall der Lackierung beträgt knapp 10 Prozent. Einen Nachteil muss allerdings auch genannt werden: Anstelle einer Lackreparatur müssen beschädigte Teile hier getauscht werden. Was davon günstiger kommt, ist im reinsten Wortsinn die Preisfrage.
 
Wie kommt das neue Styling an?
Genau so, wie geschildert: Vor allem auf den zweiten Blick. Still mitzählen, wie lange es dauert, bis dieser Blick unweigerlich von Passanten oder aus dem an der Kreuzung daneben haltenden Auto darauf fällt, macht ziemlich viel Spaß. Je mehr Licht, desto leichter wird das Ungewöhnliche identifiziert. Strahlender Sonnenschein garantiert also die meisten und flinkesten Gucker, ab der Dämmerung schwindet der Spezialeffekt und man ist einfach nur anonym mit einem dunkelgrünen Roller unterwegs.

Gewohnte Tugenden
16 Zoll-Räder wandeln die Quirrligkeit von Scootern mit 12-Zoll-Bestückung in solide Cruiser-Qualitäten. Die Agilität leidet dennoch nicht - das verdankt der SH125i dem relativ knackigen Radstand von 1,35 Metern. Die neue Abgasnorm hat Honda sauber hinbekommen: Die Leistungsdaten sind auf dem Papier gleich, und auch gefühlt fehlt weder beim Antritt noch beim Durchzug etwas. Federung und Dämpfer bleiben auf allen Fahrbahnoberflächen souverän, Balance und Vibrationen sind ebenfalls auf Top-Niveau. Der gut konturierte Sitz und die tadellose Ergonomie laden auch zu einer Landpartie außerhalb der City, die Leichtfüßigkeit dank der nur 134 Kilo des SH 125i macht sich auf der Bundesstraße ebenso bezahlt wie im Stadt-Gewurl.
 
Wie sieht es mit dem Praxisverbrauch aus?
Honda belässt es beim SH125i bei 13 PS, reizt also das gesetzliche Limit von 15 Pferden nicht aus. Mit 12 Newtonmetern liegt sie auch beim Drehmoment im guten Mittelfeld der Achtelliter-Klasse. Unverändert sind auch unter dem Knebel von Euro 5+ die 100 km/h Top-Speed drin, der Honda-Scooter zeigt sich auch betont vollgasfest. Wer das nicht ausprobiert und auch sonst sanft am Gasgriff hantiert, kommt tatsächlich mit den 2,2 Litern Katalogwert durch. Über 2,5 Liter steigt der Durchschnittsverbrauch auch bei motivierterer Gangart nicht.
 
Fazit
Der SH125i bleibt, was er schon bisher war: Ein gelungener Mix aus Stil, Hightech und Wirtschaftlichkeit, sauber abgestimmt für den Alltags-Spaß in City und Umland. In der Vetro-Variante setzt er nun noch einen Design-Effekt drauf, den er momentan absolut exklusiv offeriert. Und zwar ohne Aufpreis - den halbtransparenten Grünglas-Look gibt es zum gleichen Tarif wie die lackierten Modelle. Gegenüber unserem letzten Test vor zwei Jahren ist der kaum gestiegen: Mit 3.990 Euro inklusive Top-Case ist der SH125i heute nur um schlappe zwei Hunderter höher eingepreist als damals.