FORMEL E
Formel E als Giganten-Treffen
Das Ambiente in der Formel E ist ein besonderes, man kann es auch schon bei den einzigen gemeinsamen Vorsaison-Tests in Valencia sehen und spüren. Hier essen alle Fahrer noch gemeinsam in einem Raum, zusammen mit ihren Rivalen, aber auch mit ihren Mechanikern. Und hier ist die Zukunft des Motorsports, der in diesem Fall Fridays for Future und Co. keine Angriffsflächen bietet. Und wo erstmals in der Geschichte (!) alle vier deutschen Premium-Hersteller zugleich und werksseitig im Einsatz sind.
motorprofis.at mit einem Live-Bericht aus Valencia: Was muss über die Teams in der neuen Saison wissen?
ABT Audi Sport Schäffler (11 Lucas di Grassi, 66 Daniel Abt)
Audi fährt seit dem ersten Rennen der Serie an mit derselben Fahrer-Paarung, auch in der Season 6 bleiben sich Fahrer und Team einander treu, so etwas ist höchst selten im Rennsport. Der Audi e-tron FE06 wurde weiterentwickelt, zuletzt war er am Red Bull Ring auch zum ersten Mal öffentlich zu sehen. Teamchef ist Ex-Formel-1-Pilot Allan McNish. Beide Piloten zählen zum Favoritenkreis.
BMW i Andretti Motorsport (27 Alexander Sims, 28 Maximillian Günther)
Maxi Günther, Sohn einer Österreicherin, hat den Sprung in ein begehrtes Werks-Cockpit geschafft, ab nun fährt der Ex-GEOX-Dragon-Pilot für einen Rennstall aus Bayern. Er ist der Beweis, dass man in der ABB FIA Formula E wie in kaum einer anderen Rennsportserie auch in kleineren Teams mit Leistungen auf sich aufmerksam machen kann. Die Ausgeglichenheit des Teilnehmerfeldes macht es möglich. Der zweite Platz bleibt für Alexander Sims, der in der Vorsaison eine unglaubliche Pechsträhne hatte – der aber immer wieder seinen Speed unter Beweis stellte.
DS Techeetah (13 Antonio Felix da Costa, 25 Jean-Eric Vergne)
Die französisch-chinesische Equipe gewann in der Vorsaison sowohl die Fahrer-Meisterschaft (durch Jean-Eric Vergne), als auch die Team-Wertung. Doch nun ist das legendäre Fahrerduo „Jeandre“ zwischen den engen Freunden Vergne und Andre Lotterer getrennt. Der Deutsche kehrte zu Porsche zurück und nahm auch gleich seinen Renningenieur mit. Doch DS Techeetah ersetzt ihn durch einen anderen Freund Vergnes: Antonio Felix da Costa kommt von BMW, früher war er gemeinsam mit „JEV“ im österreichischen Red Bull Junior Team. Bei den Tests auf Anhieb wieder bei den Besten.
Envision Virgin (2 Sam Bird, 4 Robin Frinjs)
Die Engländer setzen auf Konstanz, die Fahrerpaarung bleibt ebenso unverändert wie Audi als Antriebspartner. Bei den Tests in Valencia hat das Team von Beginn an einen bärenstarken Eindruck hinterlassen. Frijns ärgert sich noch etwas über den Kalender, die Überschneidung des Formel-E-Rennens in New York mit dem DTM-Klassiker am Norisring macht seine Saisonplanung kompliziert. Dabei hat er in der Vorsaison durchaus davon profitiert, (als einziger) in beiden Serien an den Start gegangen zu sein. Audi-Sportchef Dieter Gass analysiert: „Man hatte in der Zeit, als es beiden Kategorien besonders intensiv war, den Eindruck, dass er sehr gut in Form ist. Ich denke, die DTM und die Formel E sind von den Autos her so unterschiedlich, dass der Wechsel leichter fällt, als wenn man zwischen einer ähnlichen Kategorien hin- und herswitcht.
GEOX Dragon Racing (6 Brendon Hartley , 7 Nico Müller)
Die Amerikaner haben eine neue und höchst attraktive Fahrer-Paarung: Zu DTM-Vizemeister Nico Müller, der in der Formel E seit Jahren mit tollen Testzeiten aufgefallen ist, kommt Ex-Formel-1-Pilot und Ex-Le-Mans-Sieger Brendon Hartley. Die ersten Versuchsfahrten verlaufen vielversprechend, das Team scheint sich deutlich verbessert zu haben. Zudem darf man nach dem Abgang von Jose Maria Lopez hoffen, dass es weniger unnötige Unfallschäden zu beheben gibt.
Mahindra Racing (64 Jerome D´Ambrosio, 94 Pascal Wehrlein)
Die Inder, die in der Vorsaison extrem stark begonnen hatten und dann in eine Formkrise kamen, vertrauen weiter ihrem starken Fahrer-Duo. Beim Antrieb kooperiert das Team nun mit der deutschen ZF-Gruppe, die bislang für Venturi im Einsatz war. Da Pascal Wehrlein kein Formel-1-Cockpit gefunden hat, dürfte seine Zukunft in der Formel E liegen und sie kann durchaus vielversprechend sein. Bei den Tests in Valencia war er immer weit oben in den Ranglisten – und das rund um seinen 25. Geburtstag.
Mercedes EQ Formula E Team (5 Stoffel Vandoorne, 17 Nick de Vries)
Das „Probejahr“ unter dem Namen HWA Racelab ist Geschichte, ab nun tritt Mercedes mit einem offiziellen Werksteam in der ABB FIA Formula E Championship auf. Der Belgier Stoffel Vandoorne (Dritter beim voestalpine European Race in Rom) war als Fahrer gesetzt, zu ihm setzt Motorsportchef Toto Wolff einen „jungen Wilden“: Nicky de Vries, ebenfalls Belgier, ist frischgebackener Meister in der Formel 2. Dass so ein Ausnahme-Talent sich bewusst für eine Zukunft in der Formel E entscheidet, zeigt wie begehrt Cockpits in der Elektro-Rennserie bereits sind.
NIO 333 Formula E Team (3 Oliver Turvey, 33 Hua Qing Mi)
Nach einer höchst unglücklichen Saison, in der man von Anfang an konzeptionell falsch lag, strebt Nio, ein chinesischer Hersteller, unter dezent veränderten Team-Namen eine Rückkehr an die Spitze an.
Nissan e-DAMS (22 Oliver Rowland, 23 Sebastien Buemi)
Nissan setzt im zweiten Jahr unter eigenen Namen auf eine unveränderte Fahrerkombination. Beim Antrieb musste umgedacht werden, die innovative, aber umstrittene Lösung mit dem Doppelmotor ist nun verboten. Für das Team wird es ein spezielles Jahr, man fährt für den Mann, der den Rennstall geprägt hat: DAMS-Gründer Jean-Paul Driot, der im Sommer verstorben ist.
Panasonic Jaguar Racing (20 Mitch Evans, 51 James Calado)
Mitch Evans, der beim ersten voestalpine European Race in Rom zugleich den ersten Formel-E-Sieg von Jaguar einfuhr, bleibt als „Kapitän“ an Board, nach Nelson Piquet jr. und Alex Lynn bekommt er aber den dritten Teamkollegen binnen eines Jahres: James Calado ist der neue Werkspilot, er kommt aus der WEC, wo er für Ferrari fuhr und einer der größten Gegner des Niederösterreichers Richard Lietz war. Sein Start in Valencia war etwas unglücklich: er hatte den ersten Crash der Saison.
TAG Heuer Porsche Formula E Team (36 Andre Lotterer, 18 Neel Jani)
Als Seriengründer Alejandro Agag binnen weniger Tage die deutschen Motorsport-Giganten Mercedes und Porsche für seine Serie gewinnen konnte, sprach er von einem „Meilenstein“. Nun ist es soweit. Porsche wagt den Einstieg im Gegensatz zu Mercedes (HWA Racelab 2018/19) ohne „Probejahr“, und baut so gut wie alle Komponenten selbst. Als Fahrer sind zwei alte Bekannte im Team: Andre Lotterer, der von DS Techeetah kommt, und Neel Jani, haben beide mit Porsche große Erfolge in der Langstrecken-WM WEC gefeiert. Spannend sind auch die Testfahrer: die Schweizerin Simona de Silvestro – und der Linzer Thomas Preining, der erste Formel-E-Pilot, der auch für Österreich fährt. Bislang war er aber noch nicht im Auto unterwegs.
Venturi Racing (19 Felipe Massa, 48 Edo Mortara)
Die Hongkong-Sieger setzen auch in dieser Saison auf das Fahrerduo Mortara/Massa. Neu ist aber der Antriebspartner: ab sofort kooperieren die Monegassen eng mit Mercedes. Nach der erfolgreichen ersten Saison in der Ära von Teamchefin Susie Wolff gilt es nun, sich im Kampf gegen die immer größer werdende Anzahl von Werksteams zu behaupten. Die enge Zusammenarbeit mit Mercedes soll für beide Rennställe viel in der Entwicklung bringen, kann man doch so die doppelte Menge an gesammelten Daten verwenden.
Die ABB FIA Formula E Meisterschaft beginnt im November in Saudi Arabien. Fünf der 14 Rennen der neuen Saison zählen zu den voestalpine European Races. Es sind das die Läufe in Rom (4.4. 2020), Paris (18.4.2020), Berlin (21.6.2020), und London (25. bzw. 26. 7. 2020).