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GERALD ENZINGER ÜBER OLIVER BEARMAN

GERALD ENZINGER ÜBER OLIVER BEARMAN

Ferraris Superman: Oliver Bearman

Oliver Bearman. Merken Sie sich diesen Namen! Während die Formel 1 in Baku sich wieder einmal als Formel Fad zeigte und Ferrari wie immer unter den Erwartungen blieb, ging im Rahmenprogramm in der Formel 2 ein Stern auf. Der Brite aus dem Ferrari-Nachwuchsprogramm hat alle Anlagen, der nächste Formel-1-Superstar zu werden. Was man über Oliver "Ollie" Bearman wissen sollte.
Oliver Bearman, den alle Olli nennen, hat am 8. Mai Geburstag.
Seinen 18.! Das Alter, in dem man eigentlich traditionell den Führerschein machen darf.

Doch Oliver Bearman ist anders. Ganz anders.
Denn während viele seiner Jahrgangs-Kollegen gerade für die Fahrschule büffeln, steht er schon an der Schwelle zur Formel 1. Knapper davor denn je.

Natürlich wollen wir alle so schnell wie möglich vergessen, dass am Wochenende in Baku in Aserbaidschan ein sehr langweiliger Grand Prix stattgefunden hat. Das wird uns gelingen.
Nicht mehr aus den Köpfen bekommen Augenzeugen aber das, was sich im Rahmenprogramm in der Formel 2 zugetragen hat.
Da wurde Geschichte in den Asphalt geschrieben.
Erstmals in der Historie gelang es einem Piloten alle vier Sessions – das freie Training, das Qualifying, das Sprintrennen und das Hauptrennen zu toppen.
Damit machte Oliver Bearman 38 von theoretisch möglichen 39 Punkten, was ihn vom 17. Platz in der Gesamtwertung auf den vierten Rang nach vor schleudert.
Und das alles, wie erwähnt, als immer noch 17-jähriger. Und das trotz einer kaputten Hinterradaufhängung an seinem Rennwagen in der Pole-Runde.
Denn das Qualifying hatte sich zu einem wahren Showdown entwickelt, alle konzentrierten sich auf die letzte Runde. Bearman touchierte bereits in der zweiten Kurve die Bande. Die Hinterradaufhängung war merkbar lädiert, immer wieder musste der junge Brite gegenlenken. Und trotzdem – das Unvorstellbare: Pole Position!
Sichtbar geschockt von seiner eigener Darbietung keuchte Olli in den Funk: "Das war die furchterregendste Runde meines Lebens."
Kurz darauf gewann er das Sprintrennen, in das er wegen des Reverse-Grid-Systems als Neunter gestartet war.
Eine Sensation! Aber nicht unbedingt eine Überraschung, so seltsam das klingt.
Denn schon seit geraumer Zeit wird Oliver Bearman als Wunderkind gefeiert und als Riesen-Talent gescoutet. Ferrari machte das Rennen, er fährt für die Akademie aus Maranello – wie es Charles Leclerc tat.  Aber wie auch viele, viele später gescheiterte Talente.

Doch Oliver Bearman könnte zur hellen Seite der Macht gehören – zu denen, die es schaffen.
So imposant schnell verläuft seine Karriere.
Geboren am 8.Mai 2005 (!) in Chelmsford, aufgewachsen in Redditch unweit von Birmingham. Ein 79.500-Einwohner-Ort, der schon einen anderen Superstar hervorgebracht hat – nämlich Harry Styles.

Erst am 1. August 2020, in der wegen der Pandemie spät begonnenen Meisterschaft, debütierte er in der deutschen Formel 4 am Lausitzring. Bald gewann er in Hockenheim sein erstes Rennen, in Spielberg belegte er im Oktober die Plätze 6, 10 und 8. Doch all das als Rookie.

2021 wechselte Bearman in das Team Van Amersfoort, um sowohl in der deutschen als auch in der italienischen Formel 4 antreten zu können. In beiden Ländern wurde er überlegen Meister, auch am Red Bull Ring gewann Bearman zwei Mal. Im Herbst holte ihn Ferrari ihn die Academy – wie auch Rafael Câmara.
2022 wurde er auf Anhieb Dritter in der Formel-3-Meisterschaft, sein Teamkollege Artur Leclerc kam auf Rang 6.
Aber: Der kleine Leclerc-Bruder ist fast fünf Jahre älter als Bearman.

Und nun also der Durchbruch in der Formel 2. Geht es so weiter, könnte er schon 2024 oder 2025 in der Formel 1 auftauchen. Sollte es Ferrari nicht wieder verbocken, wie man das bei anderen Talenten getan hat. Doch angesichts seiner Jugend scheint Olli unaufhaltbar.

Auch wenn die jungen Piloten dieser Tage vor einer neuen Herausforderung stehen. Das Streben der Formel 1 nach immer mehr Show, nach immer mehr Sprintrennen, all das führt zu einer dramatischen Verknappung der Trainingszeiten und damit verbunden der Trainingskilometer. Angesichts des Test-Verbotes kommen die jungen Stars kaum noch dazu, Erfahrungen abseits des Renn-Betriebes zu machen.

Eine bedenkliche Entwicklung, die selbst "routinierte" Rennfahrer-Rookies wie Nyck de Vries vor enorme Probleme stellt. Aber vielleicht gilt all das ja nicht für einen Fahrer wie Bearman, der am Straßenkurs in Baku mit einer ramponierten Radaufhängung unter enormen Druck zur Pole Position rast.

Und der Ferrari Hoffnung in tristen Zeiten gibt. In einem Jahr, in dem man erneut gegen Red Bull Racing im Hintertreffen ist.
Wie schlecht Ferrari als Team agiert, sieht man auch an einer erschreckenden Bilanz von Charles Leclerc. Der Monegasse hat aus 19 Pole-Positions in der Formel 1 nur vier Siege geholt – eine Quote von nur 21,05 Prozent.
Und sein Teamkollege Carlos Sainz ist komplett von der Rolle und extrem fehleranfällig.
Wobei gerade die vielen Fehler von Sainz könnten eines Tages zur großen Chance für Oliver Bearman führen. Wir sind gespannt auf den nächsten aufregenden Briten in der Formel 1 – nach Russell, Norris und Albon.
Oliver Bearman schrieb in Baku Formel-2-Geschichte. Er toppte jede (!) Session. Das gab es noch nie.Oliver Bearman schrieb in Baku Formel-2-Geschichte. Er toppte jede (!) Session. Das gab es noch nie.
Für Oliver Bearman ist die erste Saison in der Formel 2, 2020/21 fuhr er noch in der Formel 4.Für Oliver Bearman ist die erste Saison in der Formel 2, 2020/21 fuhr er noch in der Formel 4.
Die Ferrari-Akademie 2023.Die Ferrari-Akademie 2023.
Der Platz in der Mitte: Vermutlich werden wir Oliver Bearman noch oft mit der Nummer 1 sehen.Der Platz in der Mitte: Vermutlich werden wir Oliver Bearman noch oft mit der Nummer 1 sehen.
Norris, Russell und Co.: Oliver Bearman ist der nächste der vielen jungen und schnellen Briten im Formel-Sport.Norris, Russell und Co.: Oliver Bearman ist der nächste der vielen jungen und schnellen Briten im Formel-Sport.
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