INTENSIVTEST: JAGUAR XE 20D AWD R-SPORT
Macht ihn der Allradantrieb perfekt?
Einstiegsfrage: Braucht man einen Allradantrieb bei einer Sportlimousine?
Unbedingt – vor allem, wenn die Alternative in Form eines Heckantrieb daherkommt. Der ist ja gut und schön für das sportliche Fahr- und vor allem Lenkgefühl, aber sobald der Winter anklopft, will man doch auf der sicheren Seite sein.
Irgendwelche Nachteile zu vermelden?
Der intelligente Allradantrieb hält sich dezent im Hintergrund. Bei normalem Fahrbetrieb beliefert er nur die Hinterachse, erst bei Traktionsverlust auch die vorderen Räder. Der Wechsel der Kraftflüsse geschieht in nur 165 Millisekunden, der Fahrer spürt von diesen Vorgängen nichts. Kleine Nachteile gibt’s dennoch: 110 Kilo Mehrgewicht, damit geringfügig schlechtere Fahrwerte und gut einen halben Liter Mehrverbrauch; außerdem knapp 3500 Euro Mehrpreis. Der – mit 455 Liter ohnehin nicht besonders große – Kofferraum bleibt indes unangetastet.
Überwiegen die Vorteile gegenüber den genannten Handicaps?
Für mich auf jeden Fall. Die minimal schlechteren Fahrwerte sind eher theoretischer Natur, der Mehrverbrauch schmerzt auch nicht, da die im Test erzielten Werte (zwischen 6,5 und 6,9 Liter) immer noch sehr brav sind. Und der Mehrpreis ist für die zusätzliche Technik aus meiner Sicht fair kalkuiert.
Jaguar bietet den Allradantrieb nur mit einer Motorisierung und Automatikgetriebe an. Eine Einschränkung?
Theoretisch ja, praktisch nein – denn der Zwei-Liter-Dieselmotor mit 180 PS und Acht-Gang-Automatikgetriebe ist ja ohnehin eine Wahl der Vernunft und darüber hinaus eine Idealmotorisierung für diese Art von Fahrzeug. Mit 430 Newtonmeter schiebt der Diesel ambitioniert an, die Achtgang-Automatik sorgt für flüssige Übergänge und der Verbrauch bleibt, wie gesagt, brav. Kleines Manko: Der Diesel klingt zwar gut und kernig, bleibt aber auch da präsent, wo man ihn nicht unbedingt bräuchte – beim Cruising auf der Autobahn etwa.
Wie fährt sich der kleine Jaguar mit Allrad sonst?
Sehr flüssig, sehr sportlich, selbst mit dem erhöhten Gewicht. Der große Pluspunkt der heckgetriebenen Limousine – die präzise elektromechanische Servolenkung – macht sich auch hier bezahlt und sorgt für Handlichkeit und Fahrdynamik. Das sportliche Fahrgefühl resultiert aber auch aus dem straffen Fahrwerk, das in Verbindung mit den serienmäßigen 18-Zoll-Felgen keinen ultimativen Fahrkomfort bieten kann, dafür eine souveräne Straßenlage und viel Kurvenspaß. Ein sportliches Setup kann man Jaguar freilich nicht vorwerfen, schon gar nicht in der Ausstattung „R-Sport“.
Was bedeutet das?
„R-Sport“ ist die Antwort auf Audis s-line. Das ganze Ambiente ist auf Dynamik gebürstet, das beginnt schon beim Look der Karosserie: R-Sport bringt eine agressivere Frontschürze, einen schwarzen Grill mit Umrandung in Matt-Chrom, Seitenschweller, seitliche Lufteinlässe, einen kleinen Heckspoiler und ein spezielles Felgendesign. Innen herrscht Dunkelheit vor, mit Elementen in Klavierlack und ebenfalls mattem Chrom. Alles sehr stimmig, sehr hübsch.
Und das Raumangebot?
Entspricht dem XE, wie wir ihn seit Mitte 2015 kennen. Kurz gesagt: Er ist kein Raumwunder. Der Kofferraum ist überschaubar (mit sehr kompakter Öffnung), der Einstieg in den Fond alles andere als großzügig; auch fühlt man sich dort ein wenig beengt, was an den schmalen Scheiben und dem dunklen Ambiente liegen mag. Vorne hingegen gibt’s nichts zu jammern, aber man ist ebenfalls so präzise eingepasst wie in einem Sportwagen. Die tiefe Sitzposition kommt der Kontrolle zugute, dafür leidet halt ein wenig die Rundumsicht und generell die Übersichtlichkeit – alles geschuldet dem sportlich-flachen, coupéartigen Außendesign.
Wie zufrieden bist du mit der Ausstattung?
Auch da hat Jaguar längst mit BMW, Audi und Mercedes gleichgezogen – leider. Selbst in der gehobenen Ausstattung R-Sport muss man für viele Goodies aufzahlen, die man um den Preis von 48.100 Euro eigentlich in Serie erwarten würde. Beispiele? Beheizte Vordersitze, einen automatisch abblendenden Innenspiegel, einen Regensensor oder abgedunkelte Fondscheiben. Auch viele elektronische Assistenten – adaptiver Tempomat etc. – kosten extra.
Neu bei Jaguar ist ja auch das Infotainmentsystem InControl Touch. Ein empfehlenswerter Aufpreisposten?
InControl Touch ist bereits serienmäßig und kann für kleines Geld um eine Navi-Funktion erweitert werden. Wir empfehlen aber die Wahl des InControl Touch Pro: Damit erhält man einen XL-Bildschirm, der mit Gestensteuerung à la Tablet funktioniert. Sieht fantastisch aus, lässt sich intuitiv bedienen und funktioniert wirklich gut. Kann man als Maßstab in dieser Klasse bezeichnen.
Allemal. Wenn man das sportliche Ambiente mag und mit dem knappen Zuschnitt leben kann, dann bekommt man mit dem Jag eine Limousine auf Augenhöhe zur deutschen Konkurrenz.
Warum dann den Briten kaufen?
Die Vorteile liegen auf der Hand: Man fährt ein Modell, das nicht in allen Kurzparkzonen steht und freut sich über eine jederzeit sprungbereite Fahrdynamik.