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Test: Honda Civic Type R

Test: Honda Civic Type R

Hoch-Kultur

Nahe am roten Bereich geht die Party erst richtig los: Wer den Hochdrehzahl-Motor des Honda Civic Type R voll ausfährt und bei 7000 Umdrehung den nächsten Gang einlegt, schöpft das volle Potenzial aus. Mit dem Japaner erlebt das Genre der messerscharfen Kompaktsportler seinen vorläufigen Höhepunkt. Die Rakete mit auffälligem Flügelwerk setzt auf vielen Ebenen neue Maßstäbe.
Um wen geht es?      
Als Volkswagen 1975 den Golf GTI präsentierte, ahnten wohl die wenigsten, wo die Reise für frisierte Kompakte noch hingehen sollte. Im Honda Civic Type R findet das Genre seinen vorläufigen Höhepunkt – diese japanische Rakete mit auffälligem Flügelwerk setzt auf vielen Ebenen neue Maßstäbe. Seit der ersten Version aus dem Jahr 1997 ist der Type R vor allem für seinen Hochdrehzahl-Motor mit der sogenannten VTEC-Technik (variable Ventilsteuerung) bekannt. Auch wenn die früheren Saugmotor-Werte von über 8000 Umdrehungen heute mit Turboaufladung nicht mehr erreicht werden, findet man die DNA der legendären Honda-Technologie auch heute noch im scharfen Civic. Die ursprünglichen 185 PS wurden mittlerweile fast verdoppelt, Vorderradantrieb gepaart mit einer knackigen Handschaltung sind geblieben. Die neueste Version hat jedoch auch abseits dieser Sport-Attribute einiges zu bieten.
 
Wie schlägt sich der Antrieb?       
Dass ein Zweiliter-Motor mit 329 PS und 420 Newtonmeter ordentlich vorwärtsdrängt, wird die wenigsten überraschen. Das Honda-Aggregat verwöhnt neben der schieren Beschleunigung aber noch mit vielen weiteren Nuancen, die das Herze von echten Autofans höherschlagen lassen. Zunächst ist da die hohe Laufruhe, der Vierzylinder gibt sich vom Kaltstart an besonders kultiviert. Gewährt man ihm Auslauf, darf man das gesamte Spektrum an Verbrennungsmotor-Kultur erleben: Im mittleren Drehzahlbereich bietet er dank Turbo-Aufladung ordentlich Druck. Wer auf saftiges Drehmoment steht, kommt voll auf seine Kosten. Anders als bei manch einem Konkurrenzprodukt geht die Party jedoch im oberen Drehzahlbereich erst richtig los – wenn man ihn voll ausfährt und bei 7000 Umdrehung den nächsten Gang einlegt, schöpft man das volle Potenzial des VTEC-Motors aus. Apropos Gänge: Der positiven Erfahrung nicht unzuträglich ist die knackige Sechsgang-Box mit exakten und kurzen Schaltwegen. Sie setzt ebenso Maßstäbe und konkurriert mit den besten am Markt (Stichwort: Porsche GT-Modelle und Mazda MX-5). Der runde Alu-Schaltknauf ist darüber hinaus nicht nur haptisch, sondern auch optisch ein Gedicht.   
Hoch-Kultur: Seit der ersten Version aus dem Jahr 1997 ist der Type R vor allem für seinen Hochdrehzahl-Motor mit der sogenannten VTEC-Technik.Hoch-Kultur: Seit der ersten Version aus dem Jahr 1997 ist der Type R vor allem für seinen Hochdrehzahl-Motor mit der sogenannten VTEC-Technik.
Markenware von Brembo sorgt für entsprechende Verzögerung.Markenware von Brembo sorgt für entsprechende Verzögerung.
Der Flügel ist integraler Bestandteil für die Highspeed-Performance.Der Flügel ist integraler Bestandteil für die Highspeed-Performance.
Gewährt man ihm Auslauf, darf man das gesamte Spektrum an Verbrennungsmotor-Kultur erleben.Gewährt man ihm Auslauf, darf man das gesamte Spektrum an Verbrennungsmotor-Kultur erleben.
Wie fährt sich die Kompakt-Rakete?       
Die Antwort auf diese Frage ist davon abhängig, in welchem Fahrmodus man sich befindet: Die Spreizung zwischen den Settings „Comfort“, „Sport“ und „+R“ ist enorm. Von komfortabel-bequem bis radikal-forsch ist alles möglich. Will man gemütlich dahinfahren, bieten die adaptiven Dämpfer mehr Abrollkomfort als so manch regulärer Kompaktwagen. Über den Kippschalter kann bei Bedarf ein Gang zugelegt werden, Sport schärft alle Parameter deutlich an – der Zenit ist jedoch im eigenen Type R-Modus erreicht: Hier geht es richtig zur Sache. Die Gasannahme ist maximal angeschärft, die Lenkung deutlich schwergängiger. Zudem gibt sich der Motorklang deutlich präsenter, wenn auch niemals aufdringlich und stets ohne künstliches Nachballern bei Gaswegnahme. Gleichzeitig verändert sich das Instrumenten-Display und zeigt ein Drehzahlband wie in einem Rennwagen. Wer flott von A nach B will, hat mit dem Type R das richtige Werkzeug gewählt – perfekt abgestimmt, wird er dem Anspruch die Speerspitze im Segment zu sein, gerecht. Doch was an ihm darüber hinaus begeistert, ist seine Fähigkeit, neben der kühlen technischen Präzision, auch richtig für Emotionen zu sorgen. Hat man beim Bremsen und Einlenken den Gewichtstransfer von hinten nach vorne im Griff, wird beim schnellen Durchfahren von Kreisverkehren gerne das Heck leicht und sorgt so für Richtung – Fronttriebler-Fahrspaß vom Feinsten. In der Lenkung sind hingegen nur wenige Antriebskräfte zu spüren. In Sachen Traktion lässt er nichts anbrennen, ab und an spürt man wie die Vorderräder nach Grip suchen, diesen aber am Ende immer finden. Markenware in Form von Brembo-Bremsen sorgt für die entsprechende Verzögerung, die Anlage zeigt sich resistent gegen Fading und gibt stets ein vertrauenerweckendes Gefühl.  
 
Welche Serienausstattung ist an Bord?    
Honda geizt bei der Serienausstattung keinesfalls, legt aber den Fokus auf das Thema Sport: Beim Type R ist stets Klimaautomatik mit zwei Zonen, Navigationssystem, kabelloses Apple CarPlay und Android Auto, induktives Handyladen, eine Rückfahrkamera samt Parkpiepser vorne und hinten sowie der schlüssellose Zugang an Bord, wer jedoch Sitz- oder Lenkradheizung will oder sich nach einem Schiebedach sehnt, wird enttäuscht – ebenso Fans von Premium-Soundanlangen. Beim Thema Sicherheit kennt Honda hingegen keinen Spaß: Neben der üblichen Airbag-Ausstattung sind auch vordere Knieairbags mit von der Partie sowie die heute gängigen Assistenzsysteme der gehobenen Kompaktklasse. Dieses reichen von einem Abstandstempomat über aktive Spurführung bis hin zu Toterwinkel- und Querverkehrswarner. Ausstattungsoptionen gibt es keine, nur Pakete zur Optik-Verfeinerung – das rote Interieur ist jedenfalls gesetzt, es gibt keine Alternative zu den auffälligen Sportsitzen mit Velourleder-Bezug wie im legendären Ferrari F40.
Idealen Ergonomie: Die Pedalerie ist optimal platziert, der Ganghebel in idealer Griffdistanz, das mit Alcantara bezogene Lenkrad besonders griffig.Idealen Ergonomie: Die Pedalerie ist optimal platziert, der Ganghebel in idealer Griffdistanz, das mit Alcantara bezogene Lenkrad besonders griffig.
Hochwertige Materialien, saubere Verarbeitung, Plakette mit Modellnummer.Hochwertige Materialien, saubere Verarbeitung, Plakette mit Modellnummer.
Die Sechsgang-Box konkurriert mit den besten am Markt.Die Sechsgang-Box konkurriert mit den besten am Markt.
Gesetzt: es gibt keine Alternative zu den auffälligen Sportsitzen mit Velourleder-Bezug wie im legendären Ferrari F40.Gesetzt: es gibt keine Alternative zu den auffälligen Sportsitzen mit Velourleder-Bezug wie im legendären Ferrari F40.
Die Spreizung zwischen den Settings „Comfort“ und „+R“ ist enorm.Die Spreizung zwischen den Settings „Comfort“ und „+R“ ist enorm.
Das Instrumenten-Display zeigt ein Drehzahlband wie in einem Rennwagen.Das Instrumenten-Display zeigt ein Drehzahlband wie in einem Rennwagen.
Das Kofferraumvolumen fällt mit 410 Litern Basisvolumen mehr als ordentlich aus. Dazu sind die Fondlehnen im Verhältnis 2:1 umklappbar.Das Kofferraumvolumen fällt mit 410 Litern Basisvolumen mehr als ordentlich aus. Dazu sind die Fondlehnen im Verhältnis 2:1 umklappbar.
Unterscheidet sich der Type R optisch von seinen zivilen Brüdern?   
Und wie! Von der aggressiven Schürze hin zu den ausgestellten Kotflügeln, von den schwarzen 19-Zöllern hin zu der dreiflutigen Auspuffanlage – der Type R ist mit keinem anderen Civic und schon garnicht mit einem anderen Auto zu verwechseln. Und da sprechen wir nicht nur von dem brachialen Flügel am Heck. Bevor Skeptiker diesen als Showinstrument abstempeln, sollten diese wissen: Dieses Bauteil ist ein integraler Bestandteil für die Highspeed-Performance des Type R, er sorgt für spürbaren Abtrieb in schnellen Kurven. Manche mögen den Look nicht, die Leistungsfähigkeit sollte es jenen jedoch wert sein.    
 
Wie ist der Innenraum gestaltet?  
Das Interieur der aktuellen Civic-Generation setzt den Fokus auf hochwertige Materialien und saubere Verarbeitung gepaart mit hohem Praxisnutzen, beispielsweise in Form von üppig dimensionierten Ablagen. Honda verkneift sich darüber hinaus Experimente und setzt in Sachen Bedienung auf klassische Knöpfe und Drehregler. Der mittige und nicht übertrieben groß dimensionierte Multimediabildschirm bietet selbstverständliche eine Touch-Funktion. Sportfahrer erfreuen sich an den sensationellen Sportsitzen, die gleichermaßen bequem wie unterstützend sind, sowie an der idealen Ergonomie: Die Pedalerie ist optimal platziert, der Ganghebel in idealer Griffdistanz, das mit Alcantara bezogene Lenkrad besonders griffig.
 
Gibt es genug Platz für den Alltag?          
Die einfache Antwort lautet hier: ja! Zwar ist der aktuelle Civic sicherlich kein Kopffreiheits-Wunder (vor allem hinten nicht), doch bietet er sonst stattliche Platzverhältnisse für einen Vertreter der Kompaktklasse. Hinten bleibt die Mitte übrigens frei, der Civic Type R ist ein Viersitzer. Richtig überzeugen kann das Kofferraumvolumen, das mit 410 Litern Basisvolumen mehr als ordentlich ausfällt. Dazu sind die Fondlehnen im Verhältnis 2:1 umklappbar, die Ladefläche ist dann aber nicht ganz eben – es entsteht eine kleine Stufe zwischen umgelegter Rückbank und Kofferraum.
Fronttriebler-Fahrspaß vom Feinsten: Hat man beim Bremsen und Einlenken den Gewichtstransfer von hinten nach vorne im Griff, wird das Heck leicht.Fronttriebler-Fahrspaß vom Feinsten: Hat man beim Bremsen und Einlenken den Gewichtstransfer von hinten nach vorne im Griff, wird das Heck leicht.
Wie sieht es mit dem Thema Kosten aus?            
Wer heute einen sportlichen Kompakten will, hat am Fahrzeugmarkt zurzeit noch einiges an Auswahl – im Leistungsbereich von über 300 PS sind die Kaufoptionen schon etwas eingeschränkter (und vor allem teurer). VW Golf GTI Clubsport und Cupra Leon gibt es nur mit Doppelkupplung, die frontgetriebenen Handschalter Ford Focus ST und Hyundai i30N sind deutlich schwächer als der Honda Civic Type R, der aber ohnehin preislich auf dem Niveau der allradgetriebenen und minimal stärkeren Audi S3 und Golf R (beide mit Doppelkupplungsgetriebe) rangiert. Man muss jedoch bedenken, dass die Japaner für diesen Preis bereits einiges an Ausstattung liefern, die bei den beiden Deutschen noch dazu geordert werden muss. Mit drei Jahren Garantie rangiert Honda im Durchschnitt, der Type R sowie der Civic allgemein gilt jedoch ohnehin als besonders zuverlässiges Fahrzeug. Den hohen Spritverbrauch muss man natürlich in Kauf nehmen – streichelt man das Gaspedal, sind aber auch Werte unter neun Liter pro 100 Kilometer möglich.
 
Das Fazit?
Zugegeben: Ein frontgetriebener Kompaktsportler für über 65.000 Euro – das muss erst mal verdaut werden. Doch bietet der Honda Civic Type R ein Leistungs-Level, der dem gefragten Kaufpreis mehr als gerecht wird. Man bedenke: Einem Porsche Cayman fährt dieser Honda auf der Rennstrecke um die Ohren. Und da der neue Civic auch beim Thema Komfort und Alltagsnutzen überzeugen kann, bekommen Autofans mit dem Type R ein überaus attraktives Gesamtpaket.
Fazit: Motorprofis-Tester Michael Ziehenberger: „Ein frontgetriebener Kompaktsportler für über 65.000 Euro – das muss erst mal verdaut werden. Doch bietet der Honda Civic Type R ein Leistungs-Level, der dem gefragten Kaufpreis mehr als gerecht wird. Man bedenke: Einem Porsche Cayman fährt dieser Honda auf der Rennstrecke um die Ohren. Und da der neue Civic auch beim Thema Komfort und Alltagsnutzen überzeugen kann, bekommen Autofans mit dem Type R ein überaus attraktives Gesamtpaket.Fazit: Motorprofis-Tester Michael Ziehenberger: „Ein frontgetriebener Kompaktsportler für über 65.000 Euro – das muss erst mal verdaut werden. Doch bietet der Honda Civic Type R ein Leistungs-Level, der dem gefragten Kaufpreis mehr als gerecht wird. Man bedenke: Einem Porsche Cayman fährt dieser Honda auf der Rennstrecke um die Ohren. Und da der neue Civic auch beim Thema Komfort und Alltagsnutzen überzeugen kann, bekommen Autofans mit dem Type R ein überaus attraktives Gesamtpaket."

DATEN & FAKTEN

Honda Civic Type R

(Februar 2024)

Preis

65.490 Euro.

Antrieb

4-Zylinder-Turbo-Benzinmotor, 1.996 ccm, 329 PS, 420 Nm
6-Gang-Schaltgetriebe, Vorderradantrieb.

Abmessungen

Länge 4.594 mm / Breite 1.890 mm / Höhe 1.407 mm. Radstand 2.735 mm. Kofferraumvolumen 410 – 1212 Liter. 4 Sitzplätze.

Gewicht

Eigengewicht 1.480 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 1.800 kg.

Fahrwerte

Höchstgeschwindigkeit 275 km/h, Beschleunigung 0 – 100 in 5,4 Sekunden, WLTP-Normverbrauch 8,2 Liter.

Testverbrauch

9,2 Liter.

MOTORPROFIS WERTUNG

Fahrspass

10 Punkte

Vernunft

3 Punkte

Preis-Leistung

7 Punkte

Gesamturteil

9 Punkte
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