TECHNIK: CITROËN Ë-JUMPY / PEUGEOT E-EXPERT / OPEL VIVARO-E
Freie Fahrt für Elektriker
Warum sind elektrische Transporter ein großes Thema?
Weil sie für sinnvollen lokalen Klimaschutz stehen, der sich durchsetzten wird (im Gegensatz zu politischen Stimmungsmachern wie Pop-up-Radwegen oder reduzierten Strafen für Radfahrer). Dass Handel und Handwerk künftig elektrisch zum Kunden kommen, ist eine logische Entwicklung in Ballungsräumen. Im Gewerbe sind Reichweiten vorab einschätzbar und Urlaubsreisen eher kein Thema. Förderungsmöglichkeiten sind über die betriebliche Steuererklärung vielfältiger als bei Privatautos. Zudem ist die Hebelwirkung nicht zu unterschätzen: Der Handel im Online-Wandel, das Essen auf Rädern bei Jungen in aller Munde – schwer vorstellbar also, dass Amazon und alle anderen künftig mit Verbrennungsmotor liefern. Und bei aktuell schon über 1000 Ladestationen in Wien hat ja auch der Klempner eigentlich keine Ausreden mehr, der Elektriker sowieso nicht. Ob Anreize oder gleich Verbote kommen, wird man sehen – die elektrischen Transporter sichern dem Gewerbe jedenfalls langfristig uneingeschränkten Zugang zu Stadtzentren.
Peugeot, Citroën und Opel reagieren – aber wann starten ihre drei vollelektrischen Transporter konkret in Österreich? Und welche Varianten kommen?
Das ist die gute Nachricht: Schon in Kürze. Das Trio plant den Marktstart im Herbst 2020. Bestellungen können also wohl schon im Sommer platziert werden. Alle drei Modelle gibt es in jeweils drei Längen: 4,60 Meter, 4,95 Meter und 5,30 Meter. Dazu kommen Varianten mit fünf oder sechs Sitzen und der Einheitsboden für Umbauten.
Wie gehören die drei Modelle der drei Marken zusammen? Und wie unterscheiden sie sich?
Peugeot, Citroën und Opel sind seit einigen Jahren unter dem Dach der PSA-Gruppe vereint und dort entstand zuletzt ja richtig gute Technik. Alle drei Transporter basieren auf der EMP2-Plattform (Efficient Modular Platform 2) des Konzerns: Expert und Jumpy schon seit 2016, der Vivaro seit 2019. Unterschiede zwischen den Modellen sind rein optisch, erst die große technische Übereinstimmung macht laufende Entwicklungsschritte erschwinglich. So erfüllen die Verbrennungsmotoren bereits heute die strenge Abgasnorm Euro 6d-ISC, die erst 2021 in Kraft tritt. Und mit den elektrifizierten Varianten für lokal emissionsfreien Lieferverkehr machen Peugeot, Citroën und Opel jetzt den nächsten Schritt.
Wie gut sind e-Expert, ë-Jumpy und Vivaro-e bei den Batterien – und damit verbunden – den Reichweiten?
Sinnvollerweise werden alle drei Transporter mit zwei verschiedenen Batteriekapazitäten angeboten. Akkus sind nach wie vor kostspielig und gerade Gewerbetreibende können ihren täglichen Aktionsradius gut abschätzen, von Hamsterkäufen ist bei Batterien also dringend abzuraten. Expert, Jumpy und Vivaro kommen mit 50-kWh-Lithium-Ionen-Akkus auf 230 Kilometer Normreichweite, mit 75 kWh Batteriekapazität sind es 330 Kilometer – wobei hier schon nach dem strengen WLTP1-Verfahren gemessen wurde, das ziemlich realistische Werte auswirft. Im reinen Stadtverkehr kann die reale Reichweite erfahrungsgemäß sogar spürbar über diesem WLTP-Durchschnittswert liegen. Wenn längere Landstraßen- oder Autobahnabschnitte dabei sind, natürlich auch darunter.
Der erfahrene E-Fahrer weiß: Mindestens ebenso wichtig wie die Reichweite ist die Ladegeschwindigkeit. Bieten e-Expert, ë-Jumpy und Vivaro-e einen hohen Standard?
Absolut, beim Laden bleiben keine Wünsche offen. Gleichstromladen (DC) ist mit bis zu 100 kW möglich, damit ist die Batterie an öffentlichen Schnellladestationen in 30 Minuten (mit 50 kWh Batterie) oder 45 Minuten (mit 75 kWh Batterie) wieder bei 80 Prozent. Und neben dem serienmäßigen Einphasen-Bordladegerät mit 7,4 kW gibt es optional auch dreiphasiges Wechselstromladen (AC) mit 11 kW. Damit ist man an entsprechenden Home-Wallboxen oder öffentlichen Ladestationen nach fünf bis siebeneinhalb Stunden voll (je nach Batteriegröße). Die detaillierten Ladezeiten bei den verschiedenen Lademöglichkeiten sind:
• Standardsteckdose (8A): 31 Stunden (50 kWh Batterie) oder 47 Stunden (75 kWh Batterie)
• Verstärkte Steckdose (16A): 15 Stunden (50 kWh Batterie) oder 23 Stunden (75 kWh Batterie)
• 7,4 kW Wall Box: 7,5 Stunden (50 kWh Batterie) oder 11 Stunden 20 Minuten (75kWh Batterie)
• 11 kW Wall Box: 5 Stunden (50 kWh-Batterie) oder 7,5 Stunden (75kWh-Batterie).
• Öffentliches Schnelladen bis 100 kW: 80% in 30 Minuten (50 kWh Batterie) oder 45 Minuten (75 kWh Batterie).
Gibt es die üblichen technischen Möglichkeiten, um etwa per App den günstigen Nachstrom zu laden?
Natürlich, über den Bildschirm oder das Smartphone kann der Ladevorgang programmiert werden. Die App ermöglicht es zudem, den Ladevorgang aus der Distanz zu starten oder zu stoppen.
Die E-Transporter sind ähnlich flexibel wie die wie Varianten mit Verbrenner, bei der maximalen Zuladung liegen sie mit bis zu 1.275 Kilogramm trotz der schweren Akkus im Fahrzeugboden gleich auf. Mit einem Ladevolumen von – je nach Modellvariante – 4,6 bis 6,6 Kubikmetern gehört das Trio zu den besten im Segment. Dank der Ladebreite von 1,25 Metern können Europaletten verstaut werden. Und alle Versionen verfügen über eine Anhängelast von bis zu einer Tonne, das ist Klassenbestwert und nicht selbstverständlich für Elektromodelle. Die hochklappbare Sitzbank ermöglicht bis zu vier Meter lange Lasten. Zugleich können sich e-Expert, ë-Jumpy und Vivaro-e
mit einer Höhe von nur 1,90 Metern aber auch in Tiefgaragen fortbewegen.
Welchen elektrischen Antrieb verwenden die E-Transporter? Wie schnell sind sie?
Sie verwenden den gleichen Elektroantrieb wie e-208, Corsa-e und DS3 E-Tense, mit einer Leistung von 136 PS und einem maximalen Drehmoment von 260 Newtonmetern. Es gibt drei Fahrmodi: Der Normal-Modus optimiert Reichweite und Leistung, Eco optimiert den Energieverbrauch durch reduzierte Antriebs- und Heizungsleistung, der Power-Modus sorgt für Dynamik vor allem bei maximaler Zuladung. Immer beträgt die Höchstgeschwindigkeit autobahntaugliche 130 km/h. Im Power-Modus dauert die Beschleunigung von Null auf 100 Stundenkilometer knapp 13 Sekunden, während der Fünfziger-Sprint bei E-Fahrzeugen ja naturgemäß sehr, sehr sportlich ist.
Über das normale Autofahren hinaus werden den Elektro-Kunden neue Services angeboten. Welche?
Ein Smartphone-Tool ermöglicht die Planung und Organisation längerer Reisen, die Route wird unter Berücksichtigung der verbleibenden Reichweite und der Ladestationen auf der Strecke erstellt. Mobilität garantiert eine in der Fahrzeugmiete enthaltene Pauschale, durch die jederzeit ein Fahrzeug – auch mit Verbrennungsmotor – gemietet werden kann. Alle drei Marken begleiten zudem die Kunden umfassend beim Einstieg in die Elektromobilität, von der Wallboxen-Installation bis zu Service- und Wiederverkaufs-Themen.
Gutes Stichwort. Wie schaut es den mit dem Restwert aus? Und mit der Garantie?
Beim Service bekommt man stets eine offizielle Bescheinigung über die Batteriekapazität, um den Verkauf des Fahrzeugs aus zweiter Hand zu erleichtern. Und die Akkus haben eine Garantie von acht Jahren oder 160.000 Kilometern über 70 Prozent ihrer Ladekapazität.
Gibt es schon Preise?
Noch sind keine Preise da. Einen Anhaltspunkt liefern die neuesten PKW-Modelle von Opel und Peugeot, bei denen die Elektroversion mit 50 kWh Batteriekapazität rund 9.000 Euro über dem gleich starken Diesel liegt. Viel von diesem Aufpreis kann freilich über Förderungen wieder reingeholt werden. Dazu gibt es den Imagevorteil, ein lokal emissionsfreies Unternehmen zu sein. Und die Gewissheit, auch künftig freie (Ein-)Fahrt zu haben.