MONTE CARLO RALLYE
Neubauer, Ogier & Co.: Die Monte-Carlo-Story
Dass er immer noch am Höhepunkt seines Schaffens ist, bewies der siebenfache Weltmeister im Toyota Yaris WRC auf eindrucksvolle Art und Weise. Nach 14 Sonderprüfungen betrug sein Vorsprung auf seinen Teamkollegen und WM-Rivalen Elfyn Evans 32,6 Sekunden, der Dritte (Thierry Neuville, Hyundai) hatte gar schon 1:13,5 Minuten Rückstand. Noch wichtiger für den gelernten Ski-Lehrer, der zum Teil in Tirol lebt: er gewann auch die Powerstage (die diesmal auf Servus TV live übertragen wurde) und holte damit 5 Extra-Punkte für die WM.
Historisch noch beeindruckender ist aber ein anderer Fakt: Beim achten Sieg bei der Monte Carlo Rallye hatte Ogier die fünfte verschiedene Automarke: er hat davor auch schon im Peugeot, im VW, im Ford und im Citroen gewonnen.
"Kein schlechtes Wochenende!", jubelt Ogier. "Das Auto war großartig und hat richtig Spaß gemacht. Ehrlich gesagt: Ich habe fast Tränen in den Augen und spüre, es war eine gute Entscheidung, noch ein Jahr dranzuhängen. Das Team ist toll." Tatsächlich: Mit den Plätzen 1, 2 und 4 (Kalle Rovanperä) und einem Dreifach-Sieg in der Superstage verlief das Debüt von Jarri-Matti Latvala als Teamchef von Toyota nahezu perfekt. Ein Jubeltag für Toyota und Mastermind Akido Toyoda.
Wobei die Konkurrenz ihren Teil dazu beitrug: Ott Tänak, der anfangs in Führung lag, musste Samstag nach zwei Reifenschäden binnen kurzer Zeit aufgeben, Ford-Pilot Timo Suninen crashte spektakulär und Thierry Neuville (Hyundai) hatte am Freitag eine falsche Reifenwahl getroffen. Immerhin gewann er das "Spiel um Platz 3" gegen Jungstar Kalle Rovanperä. Und das obwohl Neuville sich erst auf seinen neuen Co-Piloten Martijn Wydaeghe einstellen musste. Der Grund: der Belgier hatte sich unter etwas mysteriösen Umständen vor wenigen Tagen nach vielen gemeinsamen Jahre von seinem bisherigen Beifahrer Nicolas Gilsoul getrennt. "Aber Martijn macht die Sache sehr gut", lobt Neuville.
Ein eingespieltes Duo sind dagegen Hermann Neubauer und Bernhard Ettel. Nach zwei gemeinsamen Staatsmeistertiteln haben sie das nun auch in der WM bewiesen. Im Ford Focus fuhren sie auf den vierten Rang der WRC-3-Wertung, in der Gesamtwertung wurde es ein starker 19. Platz.
Die Erleichterung steht Neubauer ins Gesicht geschrieben: "Es war die mit Abstand schwierigste Rallye seines Lebens." Dabei hat er Lungauer, der über viel Erfahrung in der Rallye-Europameisterschaft verfügt, schon einige gesehen. Doch was er und Ettel in den vier Tagen in Südfrankreich und in den Seealpen erleben durften (oder mussten), übertraf alles.
„Es ist so viel passiert. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen und wo ich aufhören soll“, so Neubauer: „Ich habe noch nie so oft andere Teilnehmer eingeholt oder überholt. Wir hatten einen kaputten Kühler, eine kaputte Windschutzscheibe, eine verbogene Spurstange, einen Reifenschaden. Wir sind mit Slicks am blanken Eis unterwegs gewesen, genauso wie mit Spikes auf trockenem Asphalt. Es war einfach der absolute Wahnsinn. Ich bin einfach nur dankbar, dass wir dabei sein durften – und dass wir im Ziel sind!“
Und das in den Top-20: „Das Ergebnis ist wirklich besser als das, was wir uns erwartet oder erhofft hatten, zumal wir nie ‚auf Attacke‘ fuhren. Und der Umstand, dass wir nur zwei Mal besichtigen durften, tat sein Übriges. In meiner Klasse waren am Ende jedenfalls nur die drei französischen Lokalmatadore schneller – die sind aber hier zu Hause und kennen jeden Meter perfekt."
Neubauer dankt den Unterstützern zu Hause, die vor allem aufgrund der Corona-Situation nicht live vor Ort dabei sein konnten. „Hier dabei zu sein war ein unglaubliches Erlebnis – vielleicht ergibt sich in Zukunft noch einmal die Chance – ich würde es jedenfalls mit Sicherheit sofort wieder tun!“
Johannes Keferböck hat es auch gefallen – Rang 26 wurde es am Ende im Skoda Fabia Rally 2 Evo. Eine starke Leistung, auch von Co-Pilotin Ilka Minor und den Eisspionen Franz Wittmann und Christina Ettel, die vor allem die heiklen Passagen am Sonntag erkannten. Dementsprechend ging es Richtung Ziel dann nicht mehr am Limit: „Irgendwann sagst du dir dann: Bringe das Auto ins Finish! Denn es gab immer wieder Eisplatten - wenn du da zu schnell unterwegs bist, kannst du heimfahren.“ Und zwar zu früh. Das kann er jetzt auch, aber vom Ziel aus und mit Stolz.
Für die österreichische Rallye-Szene, die derzeit ansonsten nur den Lockdown, aber keine Shakedown kennt, sind die Leistungen der beiden Austro-Teams beim Klassiker jedenfalls ein positives Signal.