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ERSTER TEST: McLAREN 570GT

ERSTER TEST: McLAREN 570GT

Passen Last und Luxus zu einem Sportwagen?

Komfortabel, luxuriös, funktionell, geräumig – und trotzdem sauschnell. Kann dieser Spagat funktionieren? Wir fuhren das jüngste Modell von McLaren und erlebten eine ausgewachsene Überraschung ...
Na, ein wenig außer Atem?
Allerdings. Komme gerade von der ersten Testfahrt mit dem brandneuen McLaren 570GT auf den Straßen Teneriffas zurück. Der Vulkan auf der Insel ist zwar inaktiv, aber das Auto hat ganz schön Feuer gespuckt. Unfassbar, welche dynamischen Talente in diesem GT warten – das ist ein echtes Driver’s Car, kein Showmobil.

Warum so überrascht?
Weil der 570GT nominell eigentlich – wie die Bezeichnung schon andeutet – als Gran Turismo konzipiert ist. Als alltagstauglicher Sportwagen, der durchaus gewisse Kompromisse eingeht. Das Fahrwerk wurde gegenüber dem 570S, auf dem das Modell basiert, etwas softer ausgelegt, die Lenkung ein wenig indirekter. Die Pirelli-Reifen werden nicht in Corsa-Spezifikation montiert (Corsa verspricht klebrigen Grip bei perfekten Bedingungen, aber schlechteren bei Regen oder Kälte), dazu wurde das Auto mit Luxus-Goodies vollgestopft, die das Gewicht um 37 Kilo in die Höhe treiben ...

Was wäre das zum Beispiel?
Serienmäßig kommt der 570 GT mit einer elektrischen Zuzieh-Funktion (Soft Close) seiner Flügeltüren, dem Premium-Soundsystem mit acht Lautsprechern, Parksensoren vorne und hinten, Sitzheizung, achtfach elektrisch verstellbaren Sitzen inklusive Memory, einer Komfort-Zustiegsfunktion, bei der sich das Lenkrad aus dem Weg zoomt und vielem mehr. Der hochformatige 7-Zoll-Touchscreen mit Navi ist ohnehin serienmäßig.

Und dann haben wir ja noch das neue Heck ...
Zumindest die neue Dachlinie. Das Dach ist hier aus getöntem Glas und geht in eine Heckklappe, die ebenfalls aus Glas gefertigt ist, über. Diese Heckklappe öffnet sich seitlich und gibt einen 220 Liter großen Laderaum frei, das so genannte „Touring Deck“. Es ist mit Leder bezogen und verfügt über eingearbeitete Schienen. Gemeinsam mit dem 150 Liter großen Stauraum unter der Frontklappe bietet der GT ungefähr so viel Laderaum wie in ein Auto der Golfklasse. Nicht schlecht.
Zwei Türen, eine Klappe: der neue 570GT. Preis in Österreich: 245.900 Euro.Zwei Türen, eine Klappe: der neue 570GT. Preis in Österreich: 245.900 Euro.
Das Touring Deck fasst 220 Liter; der Anschlag der Klappe variiert je nach Links- oder Rechtsverkehr.Das Touring Deck fasst 220 Liter; der Anschlag der Klappe variiert je nach Links- oder Rechtsverkehr.
Edle Ausführung: Die erweiterte Lederausstattung des 570GT umfass auch den Laderaum.Edle Ausführung: Die erweiterte Lederausstattung des 570GT umfass auch den Laderaum.

Aber leidet nicht das Sportwagenhafte unter all dem Luxus?

Nur, wenn man vorhat, auf die Rennstrecke zu gehen und die letzte Hundertstel herauszukitzeln. Bleiben wir ehrlich: Der GT wiegt zwar um 37 Kilo mehr als der S, bleibt aber mit 1350 Kilo Eigengewicht immer noch eine Feder in seinem Segment. Dies gelingt auch dank des nur 75 Kilo schweren Kohlefaser-Chassis, das im übrigen aus Österreich bezogen wird: von Carbotech aus Salzburg. Diese 1350 Kilo werden von einem 570 PS und 600 Nm starken Bitrubo-V8 angetrieben – das ist ein Inferno!

Die Fahrdaten?
Sprint auf 100 in 3,4 Sekunden, auf 200 in 9,8 Sekunden. Höchstgeschwindigkeit 328 km/h. Wen’s interessiert: Der theoretische Normverbrauch liegt bei 10,7 l/100 km, das entspricht 249g CO2/km.

Und wie fährt er sich wirklich?
Spektakulär, ich kann’s nur noch einmal sagen. Es beginnt damit, dass der McLaren im Gegensatz zu vielen anderen High-Performance-Supercars, die naturgemäß in Kleinserie gebaut werden, auch im Detail extrem hochwertig verarbeitet wird. Das Auto fühlt sich so solide an wie eine Mercedes E-Klasse. Das Raumgefühl ist auch dank des Glasdachs großzügig, das Einsteigen funktioniert mit den flachen Schwellern wirklich gut – so gut es eben bei einem nur 1,20 Meter flachen Auto gehen kann. Die Bedienung ist einfach, die Sicht astrein. Was mich schon beim McLaren650S fasziniert hat ist, wie breit sich das Fahrgefühl dank elektronischer Systeme spreizen lässt. Man kann ja sowohl den Antrieb (Motor, Getriebe, ESP) als auch das Fahrwerk (Dämpfung) separat in jeweils drei Stufen regeln. Bleibt man im Normalmodus, dann fährt sich der 570GT geschmeidig und komfortabel. Dank des im Gegensatz zum 570S leiseren Auspuffs ist er auch völlig langstreckentauglich und fit für die Autobahn. Vorzugsweise die deutsche.
Okay, gibt’s auch als Linkslenker. Das Raumgefühl ist großzügig, nirgends zwickt‘s.Okay, gibt’s auch als Linkslenker. Das Raumgefühl ist großzügig, nirgends zwickt‘s.
Dazu trägt auch die „unterbrochene“ Mittelkonsole bei. Oben schwebt der 7-Zoll-Touchscreen, unten bedient man die Elektronik und das Getriebe.Dazu trägt auch die „unterbrochene“ Mittelkonsole bei. Oben schwebt der 7-Zoll-Touchscreen, unten bedient man die Elektronik und das Getriebe.
Hervorragende Sitze, sogar mit Mittelarmlehne. So gesehen bräuchte man eigentlich kein Zweitauto mehr.Hervorragende Sitze, sogar mit Mittelarmlehne. So gesehen bräuchte man eigentlich kein Zweitauto mehr.
Und wenn man die elektronischen Systeme schärft?
Dann geht die Fuchsjagd los: Der McLaren lässt sich einfach und auch einfach schnell fahren. Man dankt es dem transparenten Fahrwerk und dem guten Feedback. Die Übergänge der Getriebestufen – im 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe – sind perfekt gesetzt, der Motor ist gut dosierbar. Einziges kleines Haar in der Suppe: Bis etwa 6000 Umdrehungen geht der Motor gut, aber nicht so, dass man sich bekreuzigen muss. Ab 6000 pfeifen dir die Turbos um die Ohren und der GT schiebt so dermaßen brachial an, dass man seine Sinne neu kalibrieren muss – und sich freut, dass die Bremsscheiben so groß sind wie die Pizza einer neapolitanischen Mama. Also: Kein Grund sich Sorgen zu machen, dass es im 570GT fad werden würde.

Die Sorgen mach ich mir eh mehr wegen der Preise.
Berechtigterweise. Der 570GT kostet in Österreich 245.900 Euro, das sind 17.150 Euro mehr als für den S. Ich schreibe die Platitüde nicht gern, aber diesmal stimmt’s: Er ist das Geld wert.

Noch eine Frage zu McLaren? Wie geht’s den Leutchen?
McLaren ist guter Dinge uns sprüht vor Unternehmungsgeist. So wird die 570-Baureihe (vulgo Sports Series) im kommenden Jahr mit einem Spider erweitert. Im fünften Jahr des Sportwagen-Produzierens schrieben die Engländer bereits Gewinne, haben 2015 schon 1655 Autos verkauft – und damit Lamborghini bald eingeholt. Derzeit betreut man weltweit 80 Händler und schmiedet große Pläne: Bis zum Jahr 2022 will man 15 neue Modelle lancieren und dann rund 4000 Autos jährlich verkaufen. Könnte klappen.

Auto Bildergalerie: McLaren 570GT

 
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