ERSTER TEST: AUDI A4 AVANT
Erneut der perfekte Dienstwagen?
Jeder maunzt, dass der neue A4 aussieht wie der alte. Sind die Audi-Designer alle im Sabbatical?
Der Vorwurf kommt nicht unberechtigt daher. Nach einem schnellen Blick fällt es sogar uns Motorprofis schwer, die neunte von der achten A4-Generation zu unterscheiden. Wobei der Fall am Heck anders liegt, vor allem beim Avant: Hier setzen sich die Generationen deutlicher voneinander ab. Allerdings könnte man Audi in dieser Sache auch in Schutz nehmen: Mit der Politik der kleinen Designschritte sind sie bislang gut gefahren – auch beim A3, der dem gleichen Vorwurf ausgesetzt ist. Aber wir nehmen Audi nicht in Schutz. Auch uns geht designmäßig zu wenig weiter.
Ist wenigstens technisch ein Meilenstein zu verkünden?
Kein Meilenstein, nein. Aber es ist trotzdem viel passiert. Die meisten Änderungen kennt man ja schon von der Limousine, der Kombi nimmt diese Neuerungen mit. Hier wurden je nach Version bis zu 120 Kilo an Gewicht eingespart, und die Aerodynamik auf einen cW von 0,26 verbessert. Das ist neuer Rekord in der Kombiwelt.
Was bringt’s?
Bessere Verbrauchswerte und niedrigeres Geräuschniveau. Vor allem letzteres ist erstaunlich. Wir haben auf den ersten Testfahrten unsere Ohren ganz weit aufgesperrt, um überhaupt etwas zu hören. Wirklich toll, macht den A4 Avant zum idealen Reiseauto. Wobei das Fahrwerk nach wie vor eine kleine Spur zu straff ist, aber das fällt schon ins Reich des Geschmacksempfindens. Und dass ich bei fast allen Audis mit dem Knie an der Mittelkonsole scheuere (obwohl ich mit 1,80 Meter braver Durchschnitt bin) macht mich fertig. Geht aber vielleicht nur mir so.
Frage zwischendurch: Verkauft Audi mehr Limousinen oder Kombis?
Weltweit gesehen ist das ziemlich gleichmäßig aufgeteilt. In Europa hat der Avant die Überhand, in manchen Ländern sogar recht deutlich. Dazu gehört auch Österreich: Drei von vier Käufern nehmen bei uns den Kombi.
Okay, es geht also ums Laden. Gibt’s hier News?
Sogar eine ganze Menge. Dass der Kofferraum um 15 Liter hinzugewonnen hat – jetzt sind’s 505 Liter –, wird man nicht so merken, aber der Aha-Effekt beginnt schon beim Öffnen: Die Heckklappe ist nun in allen Versionen elektrisch. Auf Wunsch ist die Bedienung auch gestengesteuert: Per Fuß-Wacheln lässt sich die Klappe aufzoomen und – aufgepasst! – auch wieder schließen. Noch ein paar Goodies sind serienmäßig: die Dachreling, die Edelstahl-Ladekante und eine Laderaumabdeckung, die sich automatisch auf- oder ausrollt.
Und im Laderaum?
Da finden wir nun einen mit Teppich bezogenen Boden, den man umdrehen kann. So können schmutzstarrende Wanderschuhe auf einer abwaschbaren Hartplastikoberfläche abgestellt werden – endlich! Die Fondsitze sind nun außerdem nicht mehr im Verhältnis 40:60 sondern 40:20:40 geteilt. Das ist viel praktischer, weil zwei Menschen würdig sitzen, während man Ski in der Mitte durchlädt. Kleiner Haken: Klappt man die Lehnen um, entsteht kein komplett ebener, sondern ein leicht ansteigender Ladeboden. Will man darauf nicht schlafen, dann ist das aber in der Praxis wurscht.
In einem großen Kofferraum kugelt ja oft alles umeinand ...
Richtig, aber dafür gibt’s immerhin ausklappbare Sackerlhaken und ein serienmäßiges Gepäcknetz. Gegen Aufpreis kann man ein Cargo-System bestellen, das man schon aus dem A6 kennt: mit Schienen, Trennstreben und Roll-Gurten. Neu ist, dass man all diese Dinge bei Nichtgebrauch im doppelten Boden knarzfrei verstauen kann. Auch das ist logischer Fortschritt.
Der A4 Avant kommt wieder mit einer Fülle an Motoren – sieht man ja unten. Welchen davon kannst du als Motorprofi empfehlen?
Ich würde mir persönlich den 2,0 TDI mit 190 PS, S tronic und quattro-Antrieb nehmen. Das Paket kostet zwar ab 46.740 Euro, bietet aber alles, was ich in einem solchen Auto haben will. Okay, der 3,0 TDI mit 272 PS starkem Sechszylinder täte mich auch reizen, ist aber schon echter Luxus, der bei Steuer und Versicherung ordentlich zuschlägt.
Komme ich mit dem Preis aus oder muss ich mein Geld noch in Extras buttern?
Damit sprichst du leider eine Schattenseite des A4 an. Man möchte glauben, dass zu einem solchen Preis zumindest die Basics abgedeckt sind. Das ist leider nicht der Fall: Weder ein Lederlenkrad noch ein Tempomat oder eine Sitzheizung sind hier serienmäßig. Auch kein Einparkpiepserl, von einer Rückfahrkamera ganz zu schweigen. Für eine standesgemäße Einrichtung muss man also tiefer in die Tasche greifen. Dafür gibt’s zwei Pakete – design und sport – und dann eine lange Liste an Extras.
Zahlt sich’s aus?
Die Entscheidung kann ich niemanden abnehmen. Klar ist, dass der A4 Avant nicht nur sehr souverän fährt, sondern sowohl in der Materialqualität als auch in der Verarbeitung Maßstäbe setzt. Der Innenraum ist blitzsauber designt, das Fahrvergnügen hoch. Auch die Lenkung, die Dosierbarkeit der Bremsen, all das passt perfekt: Der A4 Avant bietet Premium-Fahrvergnügen. Und das Raumangebot ist in der sechsten Avant-Generation so gewachsen, dass man den A4 getrost als Familienauto bezeichnen kann. Wie immer schaut’s wohl so aus: Wer das Geld leicht auftreibt (oder den Segen als Firmenauto genießt), der wird sich mit dem Audi auch ein Status Symbol in die Garage stellen. Alle anderen werden sich mit kleinen Abstrichen in der Perfektion mehr rollenden Raum für weniger Geld besorgen. Aber vielleicht von einem Audi träumen.
Audi A4 Avant: Preise
2,0 TDI 150 PS 6-Gang Frontantrieb € 38.230,–
2,0 TDI 190 PS S tronic Frontantrieb € 43.280,–
2,0 TDI 190 PS S tronic quattro € 46.740,–
3,0 TDI 272 PS Tiptronic quattro € 55.310,–
2,0 TFSI 190 PS S tronic Frontantrieb € 41.740,–
2,0 TFSI 252 PS S tronic quattro € 50.180,–
Was folgt wann?
Ende 2015/Anfang 2016 kommen die deklarierte Einstiegsversion mit 1,4 TFSI/150 PS sowie eine besonders sparsame Version des 2,0 TDI/150 PS namens ultra (99 g CO2). Es folgt auch eine leistungsreduzierte Version des 3,0 TDI mit 218 PS.
2016: Im Lauf des Jahres erscheint die zweite Auflage des Audi A4 allroad. Ende des Jahres kommt schließlich der A4 Avant g-tron mit 170 PS starkem Benzin/Erdgas-Antrieb.